Bettnässen und Albträume: Missbrauch in Wiener Kindergärten schon 2020

Bettnässen und Albträume: Missbrauch in Wiener Kindergärten schon 2020
Der Prüfbericht der Kinder- und Jugendanwaltschaft wurde präsentiert. Ein Aktionsplan mit vier Punkten soll nun umgesetzt werden.

Bildungsstadtrat Christoph Wiederkehr (Neos) und Kinder-und Jugendanwalt Ercan Nik Nafs haben am Donnerstag den Prüfbericht der Kinder- und Jugendanwaltschaft zu den Missbrauchsvorwürfen im städtischen Kindergarten präsentiert. In den Bericht seien sowohl Wahrnehmungen von Mitarbeitern, Eltern und Kindern als auch schriftliche Aufzeichnungen eingeflossen, sagt der Jugendanwalt.

Bettnässen und Albträume

Was genau im städtischen Kindergarten in Penzing passiert sei, sei derzeit noch Gegenstand der Ermittlungen der Staatsanwaltschaft. Wie viele Täter und ob es überhaupt einen Täter gab, könne deswegen nicht beantwortet werden, sagt Wiederkehr. Derzeit seien aber zwei Personen aus dem Dienst freigestellt. Auch ob ein Pädagoge jemals alleine mit Kindern war, konnte nicht nachvollzogen werden. Allerdings konnte anhand der Erhebungen für den Bericht erhoben werden, dass bereits ab 2020 Auffälligkeiten bei zwölf Kindern festgestellt wurden. Kinder hätten unter Albträume, plötzlichem Bettnässen, Angst vor den Waschräumen im Kindergarten gelitten, sagt Ercan Nik Nafs.

Zwar habe es bereits vor den Vorfällen Kinderschutzmaßnahmen gegeben, so der Jugendanwalt. "Es mangelt aber an Übersichtlichkeit der Richtlinien". Die strukturellen Schwächen der Schutzmaßnahmen lägen vor allem im Bereich der Informationswege.  Es habe nicht einmal Aufklärung gegeben, "als sich unter den Kindern das Gerücht verbreitete, der (versetzte, Anm.) betroffene Pädagoge sei an Corona gestorben". Außerdem seien Eltern von betroffenen Kindern darum gebeten worden, auch andere Eltern zu informieren. Zudem habe man Eltern zurückgewiesen worden - mit dem Hinweis, man warte zunächst auf eine "Entscheidung von oben".

Im Zuge der Erhebungen habe sich gezeigt, dass die Unternehmenskultur innerhalb der MA 10 problematisch war. Angst vor Vorgesetzten und mangelnde Weitergabe von Information innerhalb der Organisation hätten unter anderem zur langsamen Aufarbeitung geführt.

Aktionsplan mit vier Punkten

Aus zehn zentralen Empfehlungen, die im Bericht der Kinder- und Jugendanwaltschaft formuliert wurden, leite die Stadt einen Aktionsplan mit vier Punkten ab, sagt Wiederkehr. Erstens werde eine Ombudsstelle innerhalb der MA 10 eingerichtet, an die sich Eltern und Pädagogen direkt wenden können. Zweitens sollen Mitarbeiter anhand eines "Reporting Tool" - gegebenenfalls auch anonym - Ereignisse oder Verbesserungen melden können. Das "Reporting Tool" wiederum werde von der Ombudsstelle ausgewertet. Drittens sollen Mitarbeiter verpflichtende Schulungen im Bereich Kinderschutz, Kommunikation und Partizipation absolvieren. Begonnen werden soll damit bereits zu Jahresende. Viertens soll das bestehende Kinderschutzkonzept mit Experten weiterverarbeitet werden, um für alle Mitarbeiter leichter verständlich zu sein.

Insgesamt habe sich im Bericht nämlich gezeigt, dass die bestehenden Richtlinien zu kompliziert waren, sagt Wiederkehr. "Aus dem Prüfbericht ist klar ersichtlich, dass mit den Eltern der betroffenen Kinder nicht früh genug kommuniziert wurde". Auch Wiederkehr selbst sei erst sehr spät informiert worden, heißt es.

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