Ministerrat nahm Wiener Tierhaltegesetz von der Tagesordnung

Tierärzte, WTV und Vier Pfoten sind gegen generelle Maulkorb- und Leinenpflicht für Listenhunde.
FPÖ spricht von "symbolischem Charakter". Einen Aufschub des Gesetzes bewirkt die Aktion nämlich nicht.

Die Debatte um das neue Wiener Tierhaltegesetz - Stichwort: Maulkorb- und Leinenpflicht für Listenhunde bzw. Null-Promille-Grenze für deren Halter - ist um ein Kapitel reicher. Und die Serie an Spitzen der Bundesregierung gegen die Stadt Wien wohl ebenfalls. Denn am Mittwoch wurde die Novelle demonstrativ von der Tagesordnung des Ministerrates genommen. Ein rein symbolischer Akt - denn an der Umsetzung des Gesetzes ändert das nicht das Geringste. Ende Februar wird es in Kraft treten.

Dass sich vor allem die FPÖ bei der von SPÖ und Grünen ausgehandelten 12. Novelle des Wiener Tierhaltegesetzes querlegt, ist nicht neu. Da Hunde, die einen Menschen lebensgefährlich verletzt oder getötet haben, eingeschläfert werden sollen, sprechen die Freiheitlichen von einem "Tiertötungsgesetz". Es handle sich um eine reine Anlassgesetzgebung, unterstrich nun auch Vizekanzler Heinz-Christian Strache im Ministerrat. Wobei fraglich sei, ob eine Verschärfung das verantwortungslose Verhalten einzelner verhindern könne. (Wie berichtet, forcierte SPÖ-Umweltstadträtin Ulli Sima die Verschärfung des Gesetzes, nachdem der Listenhund einer alkoholisierten Halterin ein einjähriges Kind getötet hatte.)

Kundmachung findet wie geplant statt

Man appelliere an die Wiener Landesregierung, "das Tiertötungsgesetz noch einmal zu überarbeiten", sagt nun Straches Pressesprecher. De facto hat die Streichung von der Tagesordnung aber null Konsequenzen. Zumal sich der Ministerrat gar nicht zwingend mit der Gesetztesnovelle befassen hätte müssen.

Nach dem Einlangen eines neuen Landesgesetzes im Bundeskanzleramt müssen nämlich bloß acht Wochen vergehen, bevor es kundgemacht werden kann. Innerhalb dieser Frist kann es vom Bund kommentieren werden - Pflicht ist das aber nicht. Hätte der Ministerrat der Novelle nun zugestimmt, wäre sie bloß früher kundgemacht worden. Da man sie von der Tagesordnung nahm, muss die Stadt nun eben noch zwei Wochen abwarten, bis die Acht-Wochen-Frist verstrichen ist. Dann erfolgt die Kundmachung des Gesetzes und Ende Februar tritt es dann in Kraft.

In Simas Büro will man den symbolischen Akt nicht weiter kommentieren. Auf Beamtenebene hält sich die Bestürzung aber in Grenzen, weil man ohnehin nicht mit der Zustimmung des Ministerrates gerechnet habe.

Ähnliche Debatte im Burgenland

In Tierschützerkreisen wird die Haltung der FPÖ zum Thema Tötungsautomatik übrigens launig kommentiert. Denn im burgenländischen Landtag steht morgen, Donnerstag, ebenfalls eine umstrittene Gesetzesnovelle auf dem Programm. Tierschutzorganisationen und die Grünen stoßen sich vor allem an jenem Passus des Landessicherheitsgesetzes, der die Tötung von Tieren, die ihren Besitzern abgenommenen wurden, regelt. Federführend ist dabei just die FPÖ.

„Ist eine Unterbringung gemäß Abs. 2 und 3 (auf Kosten des Halters oder unentgeltlich, Anm.) unmöglich, können diese (abgenommenen; Anm.) Tiere auf Kosten des Verursachers nach Anhörung der Tierschutzombudsstelle beim Amt der Burgenländischen Landesregierung nach Maßgabe tierschutzrechtlicher Bestimmungen schmerzlos getötet werden, wenn die Tierschutzombudsstelle einer Tötung nicht innerhalb von vier Wochen widerspricht.“ So lautet der von Kritikern beanstandete Passus (Paragraf 27, Absatz 4) im Gesetzesentwurf.

Es sei "davon auszugehen, dass auf Grundlage dieser Regelung in Zukunft ein Großteil der abgenommenen Tiere einfach getötet werden soll“, argumentiert etwa der Verein gegen Tierfabriken (VgT) in einer Aussendung. Die Tötung eines gesunden Tieres widerspreche allerdings dem Tierschutzgesetz, dessen Paragraf 6, erster Absatz, besage: „Es ist verboten, Tiere ohne vernünftigen Grund zu töten.“ Auch die „Vier Pfoten“ orten einen Widerspruch zum im Tierschutzgesetz festgeschriebenen Tötungsverbot: „Die Möglichkeit der Tötung eines gesunden Tieres aus reinen Kostengründen ist ein unerträglicher Rückschritt für den Tierschutz“, sagt Kampagnenleiterin  Martina Pluda.

FPÖ weist Vorwürfe zurück

„Euthanasie gesunder Tiere“ befürchtet auch die Präsidentin des Wiener Tierschutzvereins, Madeleine Petrovic. Nach dem Entwurf des burgenländischen Sicherheitsgesetzes sei es „sehr wohl möglich, gesunde Tiere, auch Fundtiere zum Beispiel, nur aus dem Grund zu euthanasieren, weil keine unentgeltliche Unterkunft für diese gefunden werden kann“, schrieb Petrovic in einem Offenen Brief. Ähnlich argumentierte auch Der Verband österreichischer Tierschutzorganisationen pro-tier. Burgenlands Grüne erneuerten ihre Forderung, die Tierhaltung aus dem Landessicherheitsgesetz herauszunehmen und ein eigenes Tierhaltungsgesetz auszuarbeiten.

Die geplante Bestimmung widerspreche „weder dem Tierschutzgesetz noch der Verfassung“, hält FPÖ-Klubobmann Geza Molnar Kritikern dagegen. Diesen Standpunkt teile auch der Verfassungsdienst. Molnar weist darauf hin, dass auch andere Landesgesetze - etwa in Wien, Oberösterreich und Tirol ähnliche Regelungen beinhalten würden wie das burgenländische. Dies jedoch „mit dem entscheidenden Unterschied, dass es kein wie auch immer gestaltetes Vetorecht für den Tierschutz gibt“, argumentiert Molnar.

 

 

 

 

Kommentare