Migrantenliste will Kopftuchverbot für Lehrerinnen verhindern

Das Kopftuch bei Lehrerinnen ist einmal mehr Streitthema.
Wiener Kleinpartei SÖZ kündigt Verfassungsklage an, falls ÖVP-Vorstoß im Parlament Mehrheit findet.

Den Plan der ÖVP, das Kopftuchverbot auf Unterstufe und vor allem auch auf Lehrerinnen auszuweiten, will die Wiener "Migranten-Partei" SÖZ (Soziales Österreich der Zukunft) vereiteln. Die Bewegung um den türkischstämmigen Politaktivisten Hakan Gördü kündigt eine Verfassungsklage an - sofern der Vorstoß der Türkisen im Nationalrat eine Mehrheit findet. Um die Klage, die inklusive Rechtsgutachten 15.000 bis 30.000 Euro kosten dürfte, finanzieren zu können, setzt SÖZ auf Crowdfunding.

Die geplatzte türkis-blaue Regierung hat ja bereits zwei Kopftuch-Verbote eingeführt: Im November 2018 wurde es für Kindergartenkinder, im Mai 2019 für Volksschülerinnen beschlossen. Die ÖVP will das Kopftuch darüber hinaus aber auch an der Unterstufe verbieten. Denn erst mit 14 Jahren seien die Mädchen religionsmündig und könnten selbst entscheiden.

Migrantenliste will Kopftuchverbot für Lehrerinnen verhindern

Das Wort "Migrantenliste" kann Gördü nicht mehr hören.

Lehrerinnen sollen Hijab und Co. nach Ansicht der Türkisen ebenfalls untersagt werden - weil Kopftuch-Trägerinnen "implizit die Neutralität des Staates untergraben und ein Gesellschaftssystem propagieren" würden, "in dem die Frau nicht dieselbe Stellung hat wie in unserer westlichen, aufgeklärten Gesellschaft".

"Verbot bedroht finanzielle Unabhängigkeit"

Da in den Schulen die jüdische Kippa und die Patka der Sikhs ausgenommen wurden, orten Kritiker hier eine Diskriminierung von Muslimen. Die Islamische Glaubensgemeinschaft (IGGÖ) kündigte im KURIER an, das von ÖVP und FPÖ mitgetragene Kopftuchverbot in der Volksschule vor dem Verfassungsgerichtshof (VfGH) zu bekämpfen. Mit der nun angekündigten weiteren Verfassungsklage wolle man die IGGÖ entlasten, sagt Gördü.

Das Argument der ÖVP, dass es bei einem Verbot um Gleichberechtigung gehe, lässt der SÖZ-Sprecher nicht gelten: "Das ist keine Befreiung, sondern billiger Populismus auf dem Rücken der betroffenen Lehrerinnen. Deren finanzielle Unabhängigkeit wäre durch ein derartiges Verbot bedroht. Und die Frauen würden an den gesellschaftlichen Rand gedrängt."

Auch bei der Kleinpartei SÖZ, die bei der Wiener Landtagswahl 2020 antreten will, dürften Lehrerinnen, die Kopftuch tragen, auf der Kandidatenliste stehen.

ÖVP-Vorstoß auch im Wiener Gemeinderat

In Wien will die Stadt-ÖVP in der nächsten Gemeinderatssitzung ein Kopftuchverbot für Landeslehrerinnen beantragen.

Für SPÖ-Bildungsstadtrat Jürgen Czernohorszky "ein jämmerlicher Wahlkampf-Gag der ÖVP". In den vergangenen zwei Jahren habe es "von Bundesseite nur Kürzungen und keine einzige Maßnahme zur Unterstützung von LehrerInnen gegeben". Würde man das Thema wirklich ernst nehmen, "wäre es mehr als angebracht, hier österreichweit Experten und Religionsgemeinschaften an einen Tisch zu holen und den Dialog zu suchen", so Czernohorszky.

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