Islamische Glaubensgemeinschaft sammelt Geld für Verfassungsklagen

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IGGÖ will Kopftuch-Verbot und Religionsbezeichnung in Zeugnissen vor dem Höchstgericht bekämpfen.

Auf unkonventionelle Weise versucht die Islamische Glaubensgemeinschaft (IGGÖ), die Finanzierung zweier Verfassungsklagen zu sichern. Zum einen geht es um das von Türkis-Blau beschlossene Kopftuch-Verbot in der Volksschule. Und zum anderen darum, dass in den Zeugnissen muslimischer Schüler als Bezeichnung für das Religionsbekenntnis seit heuer statt „Islam“ „IGGÖ“ steht. Um beides vor dem Höchstgericht anfechten zu können, setzt die Religionsgesellschaft nun auf Crowdfunding.

In einer Videobotschaft bat IGGÖ-Präsident Ümit Vural Österreichs Muslime um Unterstützung.

Islamische Glaubensgemeinschaft sammelt Geld für Verfassungsklagen

IGGÖ-Präsident Ümit Vural

Zwar wird parallel auch in den Moscheen Geld gesammelt und es gibt zudem ein herkömmliches Spendenkonto. Mit dem modernen Finanzierungsmodell, das sonst eher bei der Realisierung von Gastronomie- und anderen Dienstleistungsprojekten zum Einsatz kommt, will man aber insbesondere junge Muslime erreichen, „die nicht so in Moscheen andocken“, wie IGGÖ-Sprecher Rusen Timur Aksak erklärt.

Zwar werde man die beiden Klagen unabhängig vom Erfolg des Crowdfundings einbringen. „Wir wären aber glücklich, wenn am Ende eine der beiden aus den Spenden zu stemmen wäre“, sagt Aksak. Sonst müsse man andere Projekte aufschieben.

Die Anwaltskosten für eine Verfassungsklage schätzt man bei der IGGÖ auf 15.000 bis 20.000 Euro – ohne Gutachten. Da es sich jedoch in beiden Fällen um komplizierte Rechtslagen handle, seien jeweils mehrere Gutachten nötig. Damit bewege man sich eher auf 30.000 Euro pro Klage zu.

Bis Ende Juni läuft das Crowdfunding auf der Plattform www.leetchi.com noch.

Experten sind uneinig

Nach dem Sommer, wahrscheinlich im September, will man dann den Verfassungsgerichtshof (VfgH) anrufen.

Vural wandte sich zudem dieser Tage an Bundespräsident Alexander van der Bellen. In einem offenen Brief bat er das Staatsoberhaupt, das „diskriminierende und kriminalisierende“ Kopftuch-Verbot in Volksschulen nicht zu unterzeichnen.

Was die Erfolgsaussichten der Klagen betrifft, gehen die Meinungen der Experten, wie berichtet, auseinander.

So sagt etwa Verfassungsjurist Theo Öhlinger über das Kopftuch-Verbot in Volksschulen: „Ich persönlich halte es für verfassungskonform, aber ich weiß, dass es andere Meinungen gibt.“

Verfassungsjurist Bernd-Christian Funk hatte hingegen schon vergangenen Herbst eine einfachgesetzliche Regelung als verfassungsrechtlich „in hohem Maße anfechtbar“ bezeichnet. Er sah die Religionsfreiheit berührt, auch wenn man auf Sozialverträglichkeit abstelle. Aus seiner Sicht geht es sehr wohl um Religion, konkret um den Islam, denn nur islamische Schülerinnen würden ein Kopftuch tragen.

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