"IGGÖ" statt "Islam": Muslime kündigen Rechtsmittel an

"Islam" wird in Zeugnissen durch "IGGÖ" ersetzt.
Verhandlung zwischen Islamischer Glaubensgeinschaft und Bildungsministerium blieb vorerst ohne Ergebnis.

In den Zeugnissen muslimischer Schüler dürfte als Bezeichnung für das Religionsbekenntnis auch weiterhin statt "Islam" die Kurzform der Islamischen Glaubensgemeinschaft - "IGGÖ" - stehen. Und bei alevitischen "Alevi". Denn bei einem Besuch einer hochrangigen IGGÖ-Delegation im Unterrichtsministerium kamen die Verhandler auf keinen grünen Zweig. Ganz im Gegenteil: Da man sich im Ressort von Bildungsminister Heinz Faßmann "nicht verhandlungsbereit" gezeigt habe, würden nun rechtliche Schritte gegen den Erlass geprüft, heißt es in einer Aussendung der Glaubensgemeinschaft. Zudem befürchtet man, dass "Islam" als Bezeichnung für das Religionsbekenntnis künftig aus allen persönlichen Dokumenten verschwinden könnte.

Die Vertretung der Muslime in Österreich spricht beim Zeugnis-Erlass, der auf Initiative des Kultusamts umgesetzt wurde, von Diskriminierung. Denn durch die Bezeichnung "IGGÖ" werde "unser Religionsbekenntnis ausgelöscht", sagt Sprecher Rusen Timur Aksak.

Die Regelung sei einzigartig, da sie weder christliche, noch jüdische Schüler in vergleichbarer Form treffe. Müsse bei einem katholischen Kind dieser Logik folgend doch beim Religionsbekenntnis "österreichische Bischofskonferenz" oder bei einem jüdischen "IKG" (für Israelitische Kultusgemeinde) stehen. Zudem sei die Glaubensgemeinschaft in die Entscheidung nicht im Geringsten einbezogen worden, beklagte Präsident Ümit Vural als sich die ersten irritierten Eltern bei der IGGÖ meldeten. 

"Letztes Wort noch nicht gesprochen"

Das Vertrauensverhältnis zwischen IGGÖ und Ministerium sei gestört, sagt Vural. Insider berichten zudem, dass die Religionsgesellschaft seitens des Ministeriums "gewarnt" worden sei, mit der Causa an die Öffentlichkeit zu gehen. Der Umgangston einzelner Beamter mit den Delegationsteilnehmern wird als "respektlos" und "sehr ruppig" beschrieben. Im Ministerium spricht man dagegen von einer "einseitigen Wahrnehmung" und einer "emotionalen Thematik".

"IGGÖ" statt "Islam": Muslime kündigen Rechtsmittel an

IGGÖ-Präsident Ümit Vural kündigt "klare Schritte" gegen den Erlass an.

Die Neuregelung, die auf einer Entscheidung des Kultusamts fuße, wird im Unterrichtsministerium zwar als rechtens erachtet. Man beabsichtige aber "nicht die Schlechterstellung einer Religion bzw. einer Religionsgemeinschaft" und sei "an einer pragmatischen Lösung interessiert", heißt es auf KURIER-Anfrage. Das letzte Wort sei noch nicht gesprochen, man habe weitere Gespräche vereinbart, erklärt eine Sprecherin. Bei der IGGÖ sorgt das allerdings für Verwunderung. "Es wurden keine weiteren Gespräche zu der Causa vereinbart", sagt Aksak.

Das (im Bundeskanzleramt angesiedelte) Kultusamt begründet die neuen Bezeichnungen jedenfalls mit der Unterscheidbarkeit der Bekenntnisse. "Islam" allein sei quasi zu ungenau. Bei der IGGÖ kann man das nicht nachvollziehen. So würden sich alevitische Eltern "niemals irrtümlich für den islamischen Religionsunterricht entscheiden", sagt Aksak. "Islam" durch "IGGÖ" zu ersetzen, habe also keinerlei praktischen Nutzen.

Eltern setzen sich zur Wehr

Für Aufregung unter Muslimen sorgt aber nicht nur der Erlass, der nun sukzessive in allen Bundesländern umgesetzt wird. Auch habe man aus dem Kultusamt Signale empfangen, wonach "Islam" als Bezeichnung für das Religionsbekenntnis künftig in allen persönlichen Dokumenten, wie zum Beispiel in Krankenakten, durch "IGGÖ" ersetzt werden solle. Im Ressort von Kultusminister Gernot Blümel wird dies jedoch vehement dementiert.

Das bisherige Vorgehen sei "eines Rechtsstaates einfach nicht mehr würdig", meint Präsident Ümit Vural. Das Bildungsministerium zwinge die IGGÖ "zu klaren Schritten". Daher werde man betroffene Eltern, die sich in Niederösterreich und Wien bereits rechtlich zur Wehr setzen wollen, ideell, logistisch und gegebenenfalls auch finanziell unterstützen.

Vural hofft dennoch nach wie vor auf eine Lösung am Verhandlungstisch. "Auch wenn das Vertrauensverhältnis der Muslime durch den einseitig verkündeten und diskriminierenden Erlass des Bildungsministeriums erschüttert ist", sei "die Tür für späte Einsicht nicht zu".

 

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