Den Opfern wurde telefonisch von vorgeblichen Polizeibeamten weisgemacht, ins Visier von Einbrecherbanden geraten zu sein. Selbst auf der Bank sei ihr Vermögen nicht sicher, da die Bankangestellten mit den Verbrechern gemeinsame Sache machen würden.
Das sicherste sei also, sämtliches Bargeld und alle Wertgegenstände an Polizeibeamte in zivil zur sicheren Verwahrung auszuhändigen. Die auf diese Art schwer verunsicherten betagten Frauen übergaben ihr Vermögen tatsächlich an die Angeklagten, die die Damen teilweise noch selbst zur Bank chauffierten.
„Genieren Sie sich nicht?“, fragt die beisitzende Richterin den 25-jährigen Hauptangeklagten, der beim Eintreffen im Saal mit merklich zitternden Händen ein A4-Kuvert vor sein Gesicht gehalten hatte. „Das älteste Opfer war 97 Jahre alt.“ – „Das habe ich nicht gesehen, dass sie so alt ist.“
Angeklagter: "Irgendwie reingerutscht"
Dass die Damen mit einem Schlag alles verloren hätten, das sie ihr Leben lang zusammengespart hätten, tue ihm aufrichtig leid, sagt der Beschäftigungslose. Er habe einen Job gesucht, Geld gebraucht und sei über einen Freund, der plötzlich mit einem auffrisierten BMW vor dem Fitnessstudio vorfahren konnte, auf das „Geschäftsmodell“ aufmerksam geworden.
Er sei dann „irgendwie reingerutscht“ und davor nie kriminell gewesen. Auch vom erbeuteten Vermögen habe er nur einen minimalen Anteil bekommen – nach eigenen Angaben zwischen 7.000 und maximal 10.000 Euro.
➤ Mehr dazu: Falsche Polizisten: Wie Sie die Tricks der Betrüger erkennen
Die Beute selbst wurde immer bei einem Juwelier im 10. Wiener Gemeindebezirk abgegeben. „Und wo der Schmuck jetzt ist, weiß ich leider nicht.“ Ob er jemals in Versuchung gekommen sei, vor der Abgabe selbst zuzugreifen? "Das hätte ich mich nie getraut."
Ein bisschen reingeschaut
Überhaupt habe er in die Taschen mit dem Schmuck nie hineingeschaut. Wie er dann die diversen gesicherten Handyfotos erkläre, auf denen Wertgegenstände und Bargeldbündel zu sehen sind, will der Richter wissen. "Ein bisschen haben Sie dann doch reingeschaut?" - "Ich hab nur fotografiert", sagt der 25-Jährige.
Die Angeklagten übernahmen bei ihren Beutezügen allein die Rolle der Fahrer und Abholer. Die wahren Profiteure und Köpfe der Vereinigung würden in der Türkei sitzen.
Darum habe der Hauptangeklagte, verheiratet und Vater eines wenige Monate alten Sohnes, auch vor den Kameras sein Gesicht verdeckt: Er habe Angst vor jenen, die in dem kriminellen System über ihm stünden. Auf ihn sei großer Druck ausgeübt worden, darum sei er dann auch nicht ausgestiegen.
Alle Angeklagten zeigten sich vollumfänglich geständig und reumütig. Das wirkte sich letztlich auch auf die Urteile aus. Zweieinhalb Jahre unbedingt für den Jüngsten, einen 22-jährigen einschlägig Vorbestraften. Für den 31-jährigen Angeklagten gab es zwei Jahre, davon acht Monate unbedingt. Der Hauptangeklagte bekam drei Jahre und neun Monate.
Kommentare