Matzleinsdorfer Platz: Ein Blick in den Abgrund des U-Bahn-Baus

Matzleinsdorfer Platz: Ein Blick in den Abgrund des U-Bahn-Baus
Auf der Großbaustelle steht ein Meilenstein an: Die Bodenplatte wird fertig. Ein Lokalaugenschein 30 Meter unter der Oberfläche.

2021 ist ein gutes Jahr, um Gummistiefel zu kaufen. Zumindest, wenn man neuer Wiener Öffi-Stadtrat ist.

Dieser ist heuer nämlich auf vielen Baustellen unterwegs: Vergangene Woche fand beim Frankhplatz der Spatenstich für die neue Linie U5 statt. Und auch beim Matzleinsdorfer Platz gibt es etwas zu feiern: Der Stationsschacht für die verlängerte U2 an der Triester Straße ist im Rohbau fast fertig.

Matzleinsdorfer Platz: Ein Blick in den Abgrund des U-Bahn-Baus

Der Schacht ist Ausgangspunkt für die neue Trasse. 

Die riesige Grube, die gut hinter Bauzäunen versteckt ist, ist 65 Meter lang, 35 Meter breit und geht 30 Meter in die Tiefe. Für den Ausbau der U2 ist sie von enormer Bedeutung: Sie ist der Ausgangspunkt der neuen Trasse, die im Untergrund verlaufen wird.

170 Betonmischwägen

Nur wenige Meter von dieser Stelle entfernt steht am Montag Stadtrat Peter Hanke (SPÖ) in nagelneuen grünen Gummistiefeln am Boden der Baugrube. Mit Günter Steinbauer, Geschäftsführer der Wiener Linien, bestaunt er einen Meilenstein: Ein Drittel der zwei Meter dicken Bodenplatte des Schachts ist fertig betoniert.

„Das hat zwölf Stunden gedauert, wir haben 170 Betonmischwägen gebraucht“, sagt Baustellenleiter Martin Kronberger.

Matzleinsdorfer Platz: Ein Blick in den Abgrund des U-Bahn-Baus

Peter Hanke und Günter Steinbauer auf der fertigen Bodenplatte. 

Zwei solche Durchgänge stehen noch an: Ein paar Meter weiter arbeiten die Eisenbieger bereits am nächsten Abschnitt der Platte.

Sie fügen Stahlstangen zu einer gitterartigen Konstruktion zusammen. Diese wird anschließend mit Beton ausgegossen. Bis spätestens März wird auch der dritte Teil der Bodenplatte nach diesem Prinzip fertiggestellt sein.

Matzleinsdorfer Platz: Ein Blick in den Abgrund des U-Bahn-Baus

Die Eisenbieger arbeiten bereits am Stahlgeflecht der Bodenplatte. 

Derzeit fräst ein Bagger in diesem Bereich noch die sogenannten Schlitzwände ab: Sie sind mehr als einen Meter dick und bilden die Seiten des Schachts.

"Imposante Technik"

Dass an dieser Stelle einmal Fahrgäste über Rolltreppen, Aufzüge und Stiegen zum Bahnsteig gelangen, ist trotz der Fortschritte kaum vorstellbar. Hanke formuliert es so: „Man kann sich zumindest vorstellen, wie imposant die Technik auf dieser Baustelle ist.“

Ab Mitte des Jahres werden noch die restlichen Zugänge zur Station gegraben – sie befinden sich direkt am Matzleinsdorfer Platz und beim Margaretengürtel.

Die verlängerte U2
Die U2 wird ab 2028  von der Station Rathaus weg auf einer neuen Trasse Richtung Süden unterwegs sein – und zwar über die Neubaugasse und die Pilgramgasse bis zur vorläufigen Endstation Matzleinsdorfer Platz. Später soll sie weiter zum Wienerberg fahren.

Die neue U5
Die  U5 wird ab 2026 auf den jetzigen U2-Gleisen vom Karlsplatz bis zum Rathaus und dann auf einer neu gebauten Strecke weiter bis zum Frankhplatz fahren. Später soll sie bis zum Elterleinplatz verlängert werden. 

Das Ringen um das Geld
Die ersten beiden Bauabschnitte (Matzleinsdorfer Platz bzw. Frankhplatz) werden rund 2,1 Milliarden Euro kosten. Das ist doppelt so viel wie ursprünglich veranschlagt.  Die Finanzierung für die zweiten beiden Teile ist noch nicht fixiert: Die Stadt Wien und der Bund verhandeln derzeit die Aufteilung – traditionell beträgt der Schlüssel 50:50.

Baustelle Matzleinsdorfer Platz
Der Spatenstich erfolgte 2018. Aktuell sind rund 30 Arbeiter auf der Baustelle beschäftigt. 140.000 Kubikmeter Erde werden hier ausgehoben. 

Und dann wird es richtig spannend: Ab dem Jahr 2022 werden von den Stationsschächten aus die Tunnel gebaut.

Die ersten rund 120 Meter werden dabei mit dem Bagger ausgehoben. An der Oberfläche wird man davon allerdings kaum etwas bemerken: Gearbeitet wird in geschlossener Bauweise.

Maßanfertigung für Wien

Ende 2023 rückt dann die sogenannte Tunnelvortriebsmaschine – auch „Maulwurf“ genannt – an. Sie wird derzeit extra angefertigt. Das Gerät wird in Einzelteilen zum Matzleinsdorfer Platz geliefert und erst am Boden des Schachts zusammengesetzt. Das wird rund ein halbes Jahr dauern.

Ab 2024 wird sich der Maulwurf mit einer Geschwindigkeit von 0,005 km/h unterirdisch in Richtung Innenstadt arbeiten. In 24 Stunden gräbt er 12 Meter Tunnel. 

Matzleinsdorfer Platz: Ein Blick in den Abgrund des U-Bahn-Baus

Der Bohrkopf löst dabei das Material, der Aushub gelangt nach hinten auf ein Förderband, von dort zum Schacht und weiter an die Oberfläche. Die entstehende Röhre wird mit Stahlbeton ausgekleidet. Auf diese Weise frisst sich die Maschine in den 7. Bezirk.

Dann wird sie abgebaut und wieder zum Matzleinsdorfer Platz gekarrt: Schließlich braucht es eine Röhre stadteinwärts und eine stadtauswärts.

Bis die verlängerte U2 in Betrieb geht, dauert es übrigens noch acht Jahre. Hankes Gummistiefel werden dann vermutlich ausgelatscht sein.

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