Ludwig: "Die Kommunikation der Wien Energie hätte besser sein können"

Ludwig: "Die Kommunikation der Wien Energie hätte besser sein können"
Causa Wien Energie. Laut Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) sei das Management des Konzerns in die Falle der ÖVP-Inszenierung getappt. Mit seinem Neos-Vize Christoph Wiederkehr hatte er noch kein Gespräch.

Wiens Stadtchef Michael Ludwig (SPÖ) kündigt nach den Querelen um die Wien Energie eine härtere Gangart gegenüber der Bundesregierung an.

KURIER: Herr Bürgermeister, wie gut ist Ihre Gesprächsbasis mit Bundeskanzler Nehammer?

Michael Ludwig: Bei allen bisherigen Gelegenheiten sehr sachlich und an den Inhalten orientiert.

Es verwundert, dass es in der Causa Wien Energie kein direktes Gespräch zwischen Ihnen gegeben hat. Hätte man damit nicht viele der Probleme ausräumen können? Die Gesprächsrunde am Sonntag war gedacht als eine mit Energie-Experten und Vertretern der Bundesregierung. Mit dem Ziel, Lösungen für den angespannten Energiemarkt zu finden. Leider hat die Diskussion einen sehr parteipolitischen Spin bekommen. An sich ist das Abrufen von Mitteln der Bundesfinanzierungsagentur (ÖBFA, Anm.) nichts Ungewöhnliches. In den vergangenen zwei Jahren haben die Länder Mittel von 100 Millionen bis vier Milliarden Euro pro Jahr dort erhalten.

Aber ging es da um vergleichbare Notlagen?

Das kann ich nicht beurteilen. Jedes Bundesland wird seinen Grund haben.

Hätte nicht ein Gespräch mit Nehammer dieses Abgleiten ins Parteipolitische verhindern können?

Das glaube ich nicht. Das ist bewusst so gesetzt worden. Normalerweise werden solche Gespräche auf der Ebene der ÖBFA-Mitarbeiter und der Finanzdirektion des jeweiligen Bundeslandes geführt. Das gab es noch nie, dass plötzlich Minister auftreten, wenn es um den Abruf von ÖBFA-Mitteln geht. Damit ist klar, dass es eine parteipolitische Inszenierung war. Fairerweise muss man sagen: Sie war aus der Sicht der ÖVP gut gemacht.

Ludwig: "Die Kommunikation der Wien Energie hätte besser sein können"

Warum haben Sie der ÖVP so lange das Feld überlassen, um ihre Version zu erzählen?

Man kann dem Vorstand der Wien Energie den Vorwurf machen, dass sie geglaubt haben, dass man wie in der Wirtschaft üblich gemeinsam zu Lösungen kommt und diese auch gemeinsam präsentiert. Davon ist die ÖVP stark abgegangen, sonst hätte das TV-Interview mit Finanzminister Brunner nicht schon in der Nacht auf Sonntag stattfinden können. Dann kam noch die Präsentation am Mittwoch, zu der wir nicht eingeladen waren.

Sie waren nicht eingeladen?

Nein, auch wenn das gegenüber Medien anders behauptet wird.

Wäre Sie bei einer Einladung hingegangen?

Das ist eine theoretische Frage, weil dem nicht so war.

Weniger theoretisch ist der Vorwurf, dass es sich bei den Geschäften der Wien Energie um zu riskante Spekulationen gehandelt hat.

Die Geschäftsleitung der Wien Energie weist jeden Vorwurf der Spekulation zurück und kann das auch sehr gut begründen. Ich habe bis jetzt keine Veranlassung, daran zu zweifeln.

Irrt dann Ex-E-Control-Chef Walter Boltz, der hier sehr wohl zu riskante Geschäfte aufgrund zu hoher Volumina und Laufzeiten sieht?

Die Laufzeiten von bis zu 24 Monaten hängen davon ab, dass man auf einem sehr volatilen Energiemarkt die Versorgungssicherheit sicherstellen möchte.

Wenn die nun eingeleitete Prüfung des Rechnungshofs sehr wohl Fehler des Managements feststellt: Wird es Konsequenzen geben?

Natürlich – wenn sich herausstellen sollte, dass die Darstellung der Geschäftsleitung nicht der Realität entspricht.

Sie haben zuletzt betont, wie wichtig Ihnen Transparenz in dieser Sache ist. Warum haben Sie dann, als Sie beschlossen haben, zweimal 700 Millionen an Kreditlinien per Notkompetenz freizugeben, nicht einmal den eigenen Koalitionspartner miteinbezogen? Am selben Tag, als ich die Mittel freigegeben habe, also am 15. Juli, ist der Koalitionspartner informiert worden.

Aber eben erst nachträglich.

Es handelt sich um den Kompetenzbereich des Bürgermeisters. Ich habe zeitgleich den Koalitionspartner informiert und keine Rückmeldung bekommen, die das in Zweifel zieht.

Warum werden die städtischen Darlehen erst jetzt im September Stadtsenat und Gemeinderat zum nachträglichen Beschluss vorgelegt? Die Hilfsgelder des Bundes konnten jetzt sehr wohl unverzüglich mit Umlaufbeschluss abgesegnet werden.

Das sind zwei unterschiedliche Dinge. Der Umlaufbeschluss im aktuellen Fall ist notwendig, weil es um ein Vertragsverhältnis zwischen Bund und Wien als Bundesland geht. Deshalb ist auch nicht der Stadtsenat oder der Finanzausschuss zu betrauen. Im ersten Fall ist hingegen Wien als Gemeinde betroffen.

Ludwig: "Die Kommunikation der Wien Energie hätte besser sein können"

Wie ist das innerkoalitionäre Verhältnis nach alldem?

Sehr gut. Ich habe zum Herrn Vizebürgermeister Christoph Wiederkehr nicht nur ein korrektes, sondern auch ein sehr gutes Verhältnis.

Hatten Sie dazu schon ein Vieraugengespräch?

Nein. Wir haben aber laufend den Koalitionspartner auf verschiedenen Ebenen informiert. Ich nehme jedoch auch meine Verantwortung als Bürgermeister wahr: Ich diskutiere gerne mit den politisch Verantwortlichen, aber man muss manchmal eine Entscheidung herbeizuführen, insbesondere dann, wenn es in kurzer Zeit notwendig ist, hier einzugreifen.

Warum sind Sie nicht bereits viel früher an die Regierung mit der Forderung nach einem Schutzschirm für Energieunternehmen herangetreten? Finanzstadtrat Peter Hanke hat schon im März darauf hingewiesen, wir haben aber bei der Bundesregierung kein Gehör gefunden.

Das waren damals aber sehr allgemein gehaltene Forderungen.

Wenn die Öffentlichkeit eine stärkere, konsequentere Vorgehensweise Wiens gegenüber der Bundesregierung wünscht, dann können wir uns gerne darauf einstellen. Ich war bis jetzt immer der Meinung, dass man an einem Strang ziehen und vielleicht nicht alles auf offener Bühne austragen soll.

Warum wirkte Parteichefin Pamela Rendi-Wagner beim ORF-Sommergespräch so uninformiert über die Vorgänge rund um die Wien Energie? Sie ist ja nicht Teil der Geschäftsleitung und muss daher auch keine Auskünfte über die Funktionsweise eines großen Energieunternehmens geben.

Ist Stadtrat Hanke noch tragbar in seiner Funktion?

Er genießt mein vollstes Vertrauen.

Folgt man Ihrer Darstellung, bleibt übrig, alles sei völlig korrekt abgelaufen. Sehen Sie denn keinerlei Fehler im eigenen Verantwortungsbereich?

Die Kommunikation der Wien Energie hätte besser sein können. Die Präsentation zumindest von Sonntag auf Montag war nicht optimal.

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