Lärm-Streit in der City: Wirte befürchten neue Anzeigenflut

In der Bettelalm darf ab 1. Jänner wieder bis 6 Uhr Früh gefeiert werden.
Ein Bewohner der City wehrt sich gegen Lärm und Gestank. In der Gastronomie ist er bereits berüchtigt.

Anrainer und Wirte kommen in der Inneren Stadt auf keinen grünen Zweig. Die einen fühlen sich von Lärm, undisziplinierten Gästen oder dem Gestank nach Bratenfett gestört. Die anderen klagen über beharrliche Nachbarn, die ihnen durch permanente Beschwerden das Leben schwer machen. Ihre Namen wollen jedoch die wenigsten Unternehmer in der Zeitung lesen – zu groß sei die Sorge, von Anrainern angezeigt oder beim Magistrat angeschwärzt zu werden. Oder besser gesagt: von einem bestimmten Anrainer.

Kein Blatt vor den Mund nimmt sich Stefan Prochaska, der Anwalt der Bettelalm in der Sonnenfelsgasse. Besagter Anrainer wohne "im Zentrum einer Weltstadt, will aber dieselbe Ruhe wie am Land haben".

Lärm-Streit in der City: Wirte befürchten neue Anzeigenflut
Stefan Prochaska Rechtsanwalt Bettelalm
Hier sei eine politische Diskussion nötig, was als "ortsübliche" Geräuschkulisse zumutbar ist.

Ungeliebte Nachbarn

Der Nachbar gefährde seinen Mandanten, der viel Geld investierte, wirtschaftlich, sagt Prochaska. So hatten seine Beschwerden etwa dazu geführt, dass der Verwaltungsgerichtshof der Disco die Sperrstunde um Mitternacht vorschrieb. Betreiber Mario Obermaier hielt sich jedoch nicht an die Vorgabe, nahm Anzeigen in Kauf und investierte 30.000 Euro in eine App, die lange Schlangen und somit nächtlichen Lärm auf der Straße vermeiden soll. Mit dem Ergebnis, dass die Behörde einlenkte und er ab 1. Jänner wieder (offiziell) bis 6 Uhr Früh offenhalten darf.

Der Konflikt begann 2013 mit Eröffnung der Bettelalm – und „der Entwertung unserer Eigentumswohnung“, erzählt dagegen der entnervte Anrainer dem KURIER. Mehr als 100-mal erstattete er bereits Anzeige – z. B. weil ein Türsteher laut telefonierte, weil sich zu viele Leute vor dem Eingang aufhielten oder weil sich jemand auf den Gehsteig erbrochen hatte. In einem „Einschlafprotokoll“ dokumentierte er minutiös jedes störende Geräusch. Und er schoss Hunderte Beweisfotos von Gästen, die auf Einlass in die Disco warteten – was auch die Datenschutzbehörde als unangemessen erachtet.

"Kann seit drei Jahren nicht schlafen"

Als Obmann eines Vereins, der sich für City-Bewohner einsetzt, zeigte der Anrainer – er will anonym bleiben – aber auch andere Lokale „wegen Lärms, Geruchsbelästigung oder vorschriftswidriger Warenanlieferung“ an. Darunter das mittlerweile geschlossene Elysium.

Ex-Betreiber Oliver Riebenbauer sieht wie Prochaska die Politik gefordert: „Natürlich ist es wichtig, dass Privatpersonen vor Lärm geschützt werden – aber wer schützt in diesem Fall die Unternehmer? Hier gibt es eine Person, die mit krankhafter Akribie vorgeht.“

Der „gefürchtete“ Anrainer steht zu der Anzeigenflut – „wenn man drei Jahre nicht schlafen kann, bleibt einem ja nichts anderes übrig“, sagt er. Ihm sei von seinen Anwälten zu diesem Vorgehen geraten worden. „Sonst behauptet die Behörde, dass gegen die Lokale nichts vorliege.“ Wäre er Mieter und nicht Eigentümer, erklärt der Innenstadt-Bewohner, wäre er längst weggezogen.

Nicht nur ein Betroffener

Ganz entschieden wehrt sich der Wahl-Wiener aber gegen die Behauptung, er wäre "der einzige" betroffene und deshalb wehrhafte Anrainer. So unterschrieben allein in der Nachbarschaft der Bettelalm 250 Personen eine Protestnote gegen das Projekt.

Und auch seitens der Bezirksvertretung stellt man die Darstellung der Unternehmer infrage. Es sei "ein netter Trick der Wirtschaftskommunikatoren, die Beschwerden auf einen einzelnen Querulanten zu reduzieren". Im Büro von ÖVP-Bezirkschef Markus Figl verweist man auf mehrere Bürgerinitiativen in der City, die alle mit ähnlich gelagerten Problemen konfrontiert sind (der KURIER berichtete).

Zurzeit sei es aber so, dass Magistrat und Polizei "trotz Aktenordnern voller Beschwerden" mitteilen würden, dass es keine Anzeigen gebe und daher verfahrensoffiziell keine Beschwerde vorliegen. Darum fordert der Bezirk Betroffene nun auf, tatsächliche Anzeigen zu legen, um entsprechendes Argumentationsmaterial zu haben.

Sorgen bereitet den Gastronomen das Rauchverbot, das mit 1. Mai 2018 in Kraft tritt. Denn dann werden wohl noch mehr Gäste vor den Lokalen anzutreffen sein – und damit noch mehr Möglichkeiten für Anzeigen bieten.

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