"Kohle nicht mehr zu nutzen, ist grotesk“

"Kohle nicht mehr zu nutzen, ist grotesk“
Wolfgang Rothauer handelt mit Kohle und glaubt nicht an den menschengemachten Klimawandel.

Bei Wolfgang Rothauer hat der Stress der letzten Wochen mittlerweile Spuren hinterlassen. Bis zu 3.000 Anfragen pro Woche erhält der selbst ernannte „Kohlenbaron“ momentan, zehnmal so viele wie normal um diese Jahreszeit.

Diese Woche war der 59-Jährige so mitgenommen, dass er sein kleines Geschäft in der Wiener Schweglerstraße sogar vorübergehend schließen musste.

Wegen der über die Jahre gesunkenen Nachfrage hat er auch seine Ressourcen, also Lagerflächen, Mitarbeiter, Fahrzeuge, reduziert. Jetzt, wo die Unsicherheit bezüglich Gasversorgung und Preisen groß ist, kann er den großen Andrang auf seine Produkte nur zum Teil bedienen.

"Kohle nicht mehr zu nutzen, ist grotesk“

Rothauer, groß, Glatze, Brille, ein Bär von einem Mann, ist einer der letzten Kohlenhändler Wiens, wobei er eigentlich alle Arten fossiler Brennstoffe anbietet.

Alle wollen Holz

Ein Glück für ihn, denn die Nachfrage nach Kohle ist unter seinen Erwartungen geblieben: „Es sind bei Weitem nicht so viele, wie ich erhofft habe“, sagt er. 90 Prozent fragen nach Brennholz, wegen Exportverboten und dem Krieg in der Ukraine sei das aber momentan nur schwer zu bekommen.

"Kohle nicht mehr zu nutzen, ist grotesk“

Darum empfiehlt er auch, auf andere Brennstoffe umzusteigen. Auf Kohle etwa, werde diese doch „zu Unrecht verteufelt“. Bäume zu fällen, nur um sie zu verheizen, findet er angesichts der noch für Hunderte Jahre reichenden Kohlevorkommen „grotesk“.

Kohlenhändler und Klimawandelleugner

Dahinter liegt eine tiefer liegende Überzeugung: Rothauer glaubt nicht an den menschengemachten Klimawandel. „Ich war noch nie so der Mainstream-Denker“, sagt er mit ruhiger Stimme. Und: „Ich glaube nicht, dass das CO2 an der Erderwärmung schuld ist.“

Und der breite wissenschaftliche Konsens, der das Gegenteil sagt?

Den gebe es gar nicht, alternative Meinungen würden nur nicht gehört.

Und darum propagiert der Kohlenbaron weiter Kohle. Auch, weil deren Preis im Vergleich nicht so stark gestiegen ist. Wurde Holz im Einkauf bis zu 400 Prozent und Holzbriketts bis zu 200 Prozent teurer, ist der Preisanstieg bei Steinkohle mit 50 Prozent noch relativ moderat.

Soziales Gewissen

Für Rothauer ein Faktor: „Es muss für beide passen, für den Kunden und mich.“ Von reich werden könne in dem Geschäft keine Rede sein, „es sei denn, man ist ein gieriger Hund“.

"Kohle nicht mehr zu nutzen, ist grotesk“

Seine Spanne hat er nicht erhöht, sagt er, nur die höheren Einkaufspreise gibt er weiter. Doch auch, wenn sich seine Kundschaft diversifiziert hat und nicht mehr nur aus jenen besteht, die sich keine andere Heizung leisten können, gibt es sie noch, die Härtefälle. „Da hat es schon Tränen von alten Frauen am Telefon gegeben“ erzählt er. Dann versucht er, die Kosten ein bisschen zu senken, „aber das gelingt halt nur bedingt“.

Familiengeschäft

Rothauer ist Kohlenhändler mit Leib und Seele, das spürt man. Schon als Kind verdiente er sein Taschengeld mit Kohle schaufeln, 1987 übernahm er das – „nicht mehr lebensfähige“ – Geschäft vom Vater. „In einem Jahr sperrst’ wieder zu“, gab ihm der mit auf den Weg. Doch Rothauer ist noch da. „Ein bisschen stolz“ macht ihn das, sagt er. Und deswegen wird er auch nicht aufgeben, „selbst wenn das neue Geschäft explodiert.“

Das neue Geschäft, das soll eine Generalvertretung für E-Auto-Ladestationen werden. Denn: „Die Zukunft sind erneuerbare Energien.“

Kurz denkt man, man habe sich verhört, doch dann relativiert Rothauer die Aussage schon wieder: „Erst habe ich gedacht, ich drehe die Leute um, die an die CO2-Lüge glauben. Das ist aber ein Kampf gegen Windmühlen. Deswegen schwimme ich jetzt mit dem Strom.“

Vorerst warten aber noch jede Menge Kunden, die sich vor dem Winter fürchten. 30 verpasste Anrufe und mehr als 300 ungelesene E-Mails zeigt sein Handy-Display am Ende des Gesprächs an. Nach etwas mehr als einer Stunde.

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