Klimademo in Wien: Richter spricht von "willkürlicher Aggression"
Fast jede Sekunde ist dokumentiert: Viele Handyvideos, die bei der Klimademo im Mai des Vorjahres in Wien gemacht wurden, lassen keinen Raum für Interpretationen. Entsprechend urteilte schon im Vorjahr eine Richterin im Landesverwaltungsgericht Wien, dass die Festnahme des Demo-Beobachters Anselm Schindler (der mit seinem Kopf plötzlich unter einem Polizeibus lag) rechtswidrig war.
Doch jetzt fand ein weiterer Richter des Landesverwaltungsgerichtes deutliche Worte. Dabei ging es in diesem Verfahren nur um einen Nebenaspekt – nämlich eine Geldstrafe.
Anlass für die Zeilen in dem Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes waren Anzeigen gegen Schindler. Der Demo-Beobachter war nicht nur festgenommen worden, er wurde auch wegen Verletzung des Sicherheitspolizeigesetzes und des Versammlungsgesetzes angezeigt und sollte 480 Euro zahlen. Er habe sich geweigert, die Versammlung zu verlassen, habe sich aggressiv verhalten, indem er einen Polizisten angeschrien und wild mit den Händen herumgefuchtelt habe.
Allein: Davon war auch in sämtlichen Videos nichts zu sehen. Ganz im Gegenteil. Schindler stand abseits – also nicht in dem Bereich der Demonstration. Er verhielt sich ruhig und passiv. Auch deshalb wurde seine Festnahme schon zuvor als rechtswidrig eingestuft – wie auch zwei weitere.
Eine Richterin brachte deshalb Anzeige gegen einen Polizisten wegen falscher Zeugenaussage ein. Insgesamt ermittelt die Staatsanwaltschaft Wien sogar gegen sieben Polizisten in Zusammenhang mit der Demo.
"Erschreckend"
In einem Erkenntnis begründete er: "Abschließend sei angemerkt, dass die Videobilder von der Amtshandlung im Hinblick auf die willkürliche bzw. unmotivierte Aggression und Gewaltanwendung seitens des staatlichen Organs in einem demokratischen, liberalen Rechtsstaat wie Österreich erschreckend und verstörend wirken."
Und nicht nur das: Der Richter ist nach Sichtung der Videos davon überzeugt, dass jener Beamte, von dem die Amtshandlung ausging, als Zeuge vor Gericht falsch ausgesagt hat – auch das hielt er schriftlich fest. Und das wertet selbst der Rechtsanwalt von Anselm Schindler, Clemens Lahner, als "außergewöhnlich".
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