Das Geld habe sie behalten, an den Hauptangeklagten und Vereinsvorstand Herrn W., hätte sie von dem überhöhten Lohn nichts retourniert. Das sei im Einverständnis mit Herrn und Frau W. geschehen.
Ihr sei es damals finanziell sehr schlecht gegangen, besonders die mittlerweile verstorbene Frau W. habe ihr helfen wollen. Man habe die Überweisungen als Vorleistung verstanden, sie habe ja durchaus langfristig mitarbeiten wollen und nicht damit rechnen können, dass ihre Beschäftigung ein so jähes Ende finden würde.
Fantasieunternehmen
Warum von ihr aber auch Rechnungen an den Verein gestellt wurden, für die sie Drittunternehmen erfand, kann die Frau dann aber nicht genau beantworten. Dieses Geld hätte sie jedenfalls auch behalten, obwohl gerade diesen Rechnungen großteils gar keine Leistung gegenüberstanden sei. Auf die Idee, Fantasieunternehmen zu erfinden, in deren Namen Rechnungen gelegt werden, "sei man wohl gemeinsam" gekommen, im Gespräch. "Heute würde ich es anders machen", sagt sie.
➤ "Alt-Wien"-Prozess: Betreiber habe "Steuerzahler getäuscht"
Diese unterschiedlichen Arten der Abrechnung findet die Richterin nicht ganz nachvollziehbar. "Immerhin haben Sie ja am Ende bei beiden Arten das Geld behalten." Langes Schweigen von der Angeklagten.
Schließlich gibt sie an, bei der Aussage zu diesem Punkt in einem moralischen Dilemma zu stecken. Schließlich könne sich Frau W. nicht mehr verteidigen. "Dann haben Sie jetzt bis 16. Oktober Zeit, darüber nachzudenken", sagt die Richterin. Es seien einfach noch zu viele Fragen offen, die bei der nächsten Verhandlung geklärt werden müssten.
Darunter auch die Frage, die der Angeklagten von mehreren Seiten auf unterschiedliche Arten gestellt wurde: Was hatte das Ehepaar W. davon, ihr auf diese extrem großzügige Art finanziell entgegenzukommen? War es die reine Menschenfreunde?
"Gerechtfertigte Privatentnahmen"
Auch der 82-jährige Herr W. stellte sich den Fragen des Gerichts. Privatentnahmen habe es in Abstimmung mit seiner Frau gegeben, sagt er frei heraus: "Meine Frau war Vorstand des Vereins und sie hat gesagt, wir arbeiten genug und das ist als Kompensation für die Leistung für den Verein. Da wären die eine oder andere Urlaubsreise oder ein Pkw gerechtfertigt".
Rechtlich hatte es das für unbedenklich gehalten. "Wenn die Summe der Entnahmen geringer ist als das, was wir mit den Förderungen und Drittmitteln erwirtschaftet haben, gehe ich davon aus." Es sei sich ja immer alles "zugunsten des Vereins ausgegangen", die Privatentnahmen hätten in Summe "jedenfalls weniger als 200.000 Euro im Monat" ausgemacht.
Eigenwillige Buchführung
Bei der Befragung geht es schließlich auch um die ungewöhnliche Art der Buchführung, für die der Angeklagte, wie er sagt, gänzlich alleine verantwortlich war. Die Saldenlisten, die er etwa im Jahr 2009 und 2011 erstellt habe, seien weder Bilanz noch Gewinn- und Verlustrechnung gewesen, erklärt die Richterin. "Da muss ich ja nur auf einen Knopf drücken und habe die Bilanz." - „Sie haben halt schon ein eigenes Verständnis von einer Bilanz." Ihm sei nicht klar gewesen, dass er mit seiner Buchhaltung die gesetzlichen Vorgaben nicht erfüllt hätte.
Der Prozess um schweren gewerbsmäßigen Betrug, Untreue, betrügerische Krida und Geldwäscherei ist vorerst bis Ende Oktober anberaumt. Weitere Verhandlungstage im Spätherbst folgen, Urteile könnte es erst 2024 geben. Für den vormaligen "Alt-Wien"-Chef geht es im Fall einer Verurteilung um bis zu zehn Jahre Haft.
Kommentare