Wichtig sei ein gewisser Pragmatismus, aber auch ein respektvoller Umgang, erklärt Hell. „Man arrangiert sich. Ich muss ja nicht gerade an dem Tag eine Schularbeit ansetzen, an dem das Zuckerfest stattfindet.“ Denn: „Je mehr Widerstand ich leiste, desto größer wird der Widerstand von der anderen Seite.“
Was nicht heiße, dass man gewisse Themen ignoriere: „Wenn ein Mädchen plötzlich ein Kopftuch trägt, spreche ich es schon darauf an. Das empfinde ich nicht als respektlos, sondern als Interesse“, erklärt Hell.
Alle Feste gemeinsam feiern
Und es heiße auch nicht, auf christliche Feste zu verzichten: Nune Tahmasian, Klassenvorständin einer ersten Klasse, erzählt: „Wir haben einen Adventkalender in der Klasse, wir feiern Weihnachten – und jetzt feiern wir eben gemeinsam das Zuckerfest.“
Doch was sagen die Schüler selbst?
Beim Besuch in der 4C zeigen bei der Frage, wer im Ramadan fastet, fast alle auf.
„Als ich kleiner war“, erzählt etwa die 15-jährige Berre, „habe ich das Fasten noch öfters gebrochen. Aber jetzt bin ich stolz, wenn ich es schaffe.“ Am Nebentisch sitzt Mariam, die ihr beipflichtet: „In der ersten Woche ist es schwer, aber dann wird es normal.“
Auch Rashid zeigt auf: „Bei uns ist es einfach ein ,Muss‘.“ Mohammed, der mit seinem Sessel schaukelt, räumt aber ein, dass er das Fasten heuer nicht immer eingehalten habe.
Was ihnen der Ramadan bedeutet?
Zum Einen bemühe man sich in dieser Zeit besonders um gutes Verhalten, erwidern ein paar der Schüler. Es gilt nämlich nicht nur, Essen und Trinken tagsüber zu vermeiden, sondern auch schlechtes Verhalten. „Wenn einer schimpft, bricht er das Fasten auch. Alles Gute wird in dieser Zeit verdoppelt, zum Beispiel deine Gebete. Aber auch die Sünden“, erklärt Mariam.
Außerdem sei es eine Zeit mit viel Kontakt zur Familie. „Und beim Zuckerfest bekommen wir Geschenke von den Eltern, wenn wir das Fasten eingehalten haben“, sagt Mariam und lacht.
Die schwierige Frage, ab wann man fasten soll
Weniger einig sind sich die Jugendlichen, ab welchem Alter man fasten solle. „Erst wenn du bereit dazu bist“, antwortet ein Mädchen, das seinen Namen nicht nennen mag. Dem stimmen nicht alle Klassenkameraden zu: Bei Jüngeren reiche es, wenn sie etwa nur bis Mittag fasten, sagen ein paar. „Aber meistens wollen die kleineren Geschwister ja sowieso mitmachen“, fügt Mariam hinzu.
Jedenfalls sei fasten ab der Pubertät gut, sind die meisten einig. „Denn da fangen die Sünden an“, sagt Berre.
Und leide die Leistung in der Schule nicht unter dem Fasten?
Manchmal sei man schon etwas müde oder „genervt“, wie es Berre lachend nennt. Ansonsten, sagen sie, bereite es keine großen Probleme. „In der Schule fällt mir das Fasten leichter, weil man da konzentriert und abgelenkt ist“, fügt Rashid hinzu.
"Wie seht ihr eigentlich den Ramadan?"
Zum Schluss stellt Berre dem KURIER noch eine Gegenfrage: Wie eigentlich die Österreicher den Ramadan sehen?
Das Gespräch dreht sich daraufhin um Vorurteile, und dass man diese manchmal ausräumen kann, wenn man respektvoll miteinander spricht und versucht, die Beweggründe des Gegenübers zu verstehen. „Haben Sie das auch schon mal in der Zeitung geschrieben?“, fragt Rashid. Nun – dieser Bericht will dies jedenfalls versuchen.