Nur Selbstberatung
Dem kann man nur zustimmen. Die meisten Körbe und Wägen hängen in den überlangen Schlangen vor den Kassen fest. Nur langsam geht da etwas voran. Schließlich sind die Kundinnen und Kunden, die zum Ausverkauf der Möbelkette nach Bekanntwerden der endgültigen Insolvenz gekommen sind, mehr als zahlreich.
Zu spüren bekommen das vor allem die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Und das merkt man: „Ich kann Ihnen nicht helfen, ich kann mir ja nicht einmal selbst helfen“, schreit eine verzweifelte Mitarbeiterin eine Kundin schon regelrecht an, die sie um Beratung gebeten hat. „Beratung gibt es hier nicht mehr. Nur noch Selbstberatung“, erklärt sie gleich darauf. Auf KURIER-Nachfrage führt Mitarbeiterin Nadja (Name von der Redaktion geändert) aus, dass alle verfügbaren Mitarbeiter entweder an der Kassa sitzen würden oder – wie sie selbst – damit beschäftigt seien, die noch in den Schränken und im Lager befindlichen Artikel in die Regale zu räumen, damit die Kunden sie sehen. „Dabei bringt das nichts. Die reißen die Kästen eh schon selbst auf“, sagt Nadja.
1.350 Mitarbeiter verlieren ihre Jobs
Seit 23 Jahren arbeitet sie für das Möbelunternehmen. In Kürze wird damit aber endgültig Schluss sein. Mit dem Konkurs von Kika/Leiner wird Nadjas Arbeitsplatz – genauso wie der von weiteren 1.350 Mitarbeiten – verloren gehen.
Wohin es für Nadja danach geht, weiß sie noch nicht. „Zuerst müssen wir das hier überstehen“, sagt sie. Gemeint ist damit der Schlussverkauf. Aus dem Unternehmen habe sie gehört, dass der noch bis Ende Jänner dauern soll. Ein nur schwer erträglicher Zustand, wie sie erzählt.
Dauernd werde sie um Hilfe gebeten, Zeit zum Helfen habe sie aber nicht mehr. „Ich habe schon mein Namensschild abgenommen. Morgen klebe ich mir ein Schild auf den Rücken, auf dem steht, dass ich nicht mehr helfen kann“, führt sie aus. Der Andrang droht nämlich noch größer zu werden.
Aggressive Stimmung
Noch deutlich schlimmer als die Überforderung sei aber etwas anderes: Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Filiale seien schon beschimpft worden, die Kundinnen und Kunden seien teilweise sehr aggressiv, sagt Nadja. Gezeigt hat sich das auch in anderen Filialen. Insolvenzverwalter Volker Leitner ersuchte deshalb, „den – für alle verständlichen – Unmut nicht gegenüber Mitarbeitern des Unternehmens zum Ausdruck zu bringen“.
Als Grund für die aufgeheizte Stimmung sieht Nadja die Schnäppchenjagd. Woher diese plötzliche Einkaufslust aber kommt, versteht sie nicht ganz: „Plötzlich wollen alle einkaufen, plötzlich ist Geld für alles da. Und da frage ich mich, sind 30 Prozent Rabatt wirklich so viel?“
Beratung mit Tränen in den Augen
Die Antwort darauf gibt Gerti, eine Kundin, die der KURIER vor dem Möbelhaus trifft: „Meine Bettwäsche ist recht teuer, da machen 30 Prozent schon etwas aus.“ Die regelrechte Einkaufswut, die einige Kundinnen und Kunden zu überfallen scheint, versteht sie trotzdem nicht. Schließlich sei die Schließung der Filialen „sehr tragisch“, besonders für die Mitarbeiter. „Die Verkäuferin, die mir auch heute netterweise bei der Bettwäsche weitergeholfen hat, kenne ich seit 30 Jahren. Sie hat mich zuerst im Donauzentrum beraten und jetzt bereits seit Jahren hier in der Hadikgasse. Nur heute mit Tränen in den Augen“, sagt Gerti.
Kommentare