Kammer-Wahl: Wiens neuer Ober-Arzt gesucht
Es wird ein längerer Abend am Samstag im Ärztekammer-Haus in der Weihburggasse. Denn wohl erst zu fortgeschrittener Stunde wird feststehen, wer die diesjährige Wahl in der Wiener Standesvertretung gewonnen hat.
Und selbst dann ist noch nichts entschieden: Amtsinhaber Thomas Szekeres (Team Thomas Szekeres) hat schon zweimal bewiesen, dass man nicht Erster werden muss, um Wiener Kammerpräsident zu werden. Umgekehrt weiß Vizepräsident Thomas Steinhart (Vereinigung) aus leidvoller Erfahrung, dass man trotz eines überlegenen Wahlsieges letztlich als Zweiter dasteht, wenn das Geschick im Koalitionspoker fehlt.
Zweikampf
Es ist also einmal mehr das Duell zwischen dem SPÖ-nahen Spitalsarzt Szekeres und dem ÖVP-nahen niedergelassenen Urologen Steinhart, auf das die Wahl hinausläuft. Entsprechend routiniert und unaufgeregt lief der Wahlkampf in den vergangenen Wochen ab.
Bewusst hätten zumindest die großen Fraktionen versucht, das Reizthema Covid-Pandemie so weit als möglich zu umgehen, ist zu vernehmen. Und so finden sich in den Wahlprogrammen von Szekeres und Steinhart Forderungen, die ebenso zeitlos wie austauschbar wirken. Allen voran jene nach mehr Personal in den Spitälern und einer besseren Honorierung der Kassenärzte.
Der Amtsbonus als Präsident der Wiener und der bundesweiten Standesvertretung verhalf Szekeres zuletzt zu ungleich mehr Medienpräsenz, wobei es dann letztlich aber doch wieder vor allem um das Thema Corona ging: Szekeres trat als scharfer Kritiker der Lockerungsschritte der Bundesregierung auf.
Steinhart fiel vor allem durch zwei Kampagnen auf: Im Zuge der Parkpickerl-Ausweitung forderte er einmal mehr (und einmal mehr erfolglos) Ausnahme-Regeln für Ärzte, die Hausbesuche machen. Weiters machte er sich zuletzt dafür stark, dass alle niedergelassenen Ärzte Medikamente in ihren Ordinationen abgeben dürfen.
Die Außenseiter
Und was spielt sich hinter dem Duell an der Spitze ab? Chancen auf Platz zwei rechnet sich die bisher drittplatzierte „Wahlgemeinschaft“ aus, wie deren Mandatar, der Herzchirurg Peter Poslussny verrät. Traditionell eine Vertreterin der Spitalsärzte in mittlerer Funktion, will man bei dieser Wahl stärker auch die niedergelassenen Kollegen ansprechen. „Es ist kein Wunder, dass so wenige Kassenarzt werden möchten, wenn man für einen Hausbesuch 50 Euro bekommt, ein Installateur hingegen 90 Euro“, sagt Poslussny. An der Spitze der Liste steht mit Gerald Gingold der Kurienobmann der angestellten Ärzte.
Luxus-Immobilie gekauft
Kampfeslustiger gaben sich die kleineren Parteien. Etwa die „Grünen Ärztinnen und Ärzte“. Deren Obmann Michael Lazansky machte einen äußerst bemerkenswerten Immo-Deal zum Wahlkampfthema. Den Kauf eines 327,5 Millionen Euro teuren Hauses am Graben durch den Wohlstandsfonds der Wiener Kammer (der KURIER berichtete). Lazansky pocht hier auf mehr Transparenz.
Mit Spannung erwartet wird das Abschneiden der impfkritischen MFG rund um ihren Spitzenkandidaten, den Gynäkologen Christian Fiala. Dass solche Protestgruppierungen Erfolg haben können, zeigten zuletzt die „Freien Ärzte Tirol“ die drei Mandate gewinnen konnten. Die Wiener MFG fiel im Wahlkampf vor allem durch scharfe Angriffe auf Szekeres auf.
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