Jung, männlich, rechtsextrem

Identitäre stürmen Uni Wien
Identitäre: Sie stehen der FPÖ nahe und werden vom Verfassungsschutz beobachtet

Der deutsche Verfassungsschutz bezeichnet die Identitären als „rechtsextremistisch“. Österreichs Verfassungsschützer beschreiben die Gruppierung so: „Unter dem Deckmantel, das jeweilige Land vor einer „Islamisierung“ und vor Massenzuwanderung schützen zu müssen, wird auf pseudo-intellektueller Grundlage versucht, das eigene rassistisch/nationalistisch geprägte Weltbild zu verschleiern. Die Distanzierung vom Neonazismus in öffentlichen Statements ist als taktisches Manöver zu werten, da sich in den Reihen der Bewegungseliten amtsbekannte Neonazis befinden und Kontakte in andere rechtsextremistische Szenebereiche bestehen.“

Sturm auf die Bühne

Seit 2012 sind die Identitären in Österreich aktiv. Donnerstagabend störten sie eine von Flüchtlingen dargestellte Aufführung von Elfriede Jelineks „Die Schutzbefohlenen“ im Audimax der Uni Wien. Sie stürmten die Bühne, entrollten ein Banner, verteilten Flugblätter und verschütteten Kunstblut. Acht Personen wurden laut Polizei bei Rangeleien leicht verletzt. Einige Flüchtlinge versteckten sich aus Angst in ihren Garderoben. Die Identitären hielten ihre Aktion auf Fotos fest und verbreiteten sie in sozialen Netzwerken. Als die Polizei eintraf, waren die 30 bis 40 Teilnehmer der Störaktion bereits geflohen. Von zumindest vier Aktivisten ist die Identität bereits bekannt.


Mit den Aktionen der russischen „Pussy Riot“ vergleicht Identitären-Obmann Alexander Markovics die Aktion. „Nur weil die links sind, klatschen alle.“ Man habe niemanden verletzt, sei selbst Opfer geworden, als „besorgte Zuschauer uns angegriffen haben.“ Deshalb habe man den Rückzug angetreten.


„Strategie“, nennt das Bernhard Weidinger vom Dokumentationsarchiv des Österreichischen Widerstandes (DÖW): „Sie sagen: Von uns geht keine Gewalt aus. Wenn man versucht uns rauszuschmeißen – wir waren ja friedlich.“


Das DÖW stuft die Identitären als Neofaschisten mit professioneller Medienarbeit und besten Kontakten zu gleichgesinnten Gruppen im Ausland ein. Doch: „Was sie tun, ist nach dem Verbotsgesetz nicht relevant.“ Ihr Selbstbild: „Ein heroisches Männerbild. Nach außen wollen sie mehr Stärke vermitteln, als sie tatsächlich haben.“ Auch die Parolen seien durchaus geschickt gewählt: „Sie sind nicht gegen Ausländer, sondern gegen jene, die Unheil über uns gebracht haben.“


Zulauf finden die Identitären vor allem bei Studentenverbindungen. Markovics selbst ist Mitglied der Burschenschaft Olympia – dieser gehört unter anderem auch der ehemalige dritte Nationalratspräsident Martin Graf an. Der Wiener Obmann Martin Sellner hatte vor Jahren engen Kontakt zum mehrfach verurteilten Neonazi Gottfried Küssel.

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Identitäre

Es soll nicht die letzte Aktion gewesen sein, kündigt Markovics an. „Es werden weitere, größere Aktionen folgen. Die Demo am 21. Mai wird aufsehenerregend sein.“
Die Nähe zur FPÖ ist deutlich. Anfang April, als Identitäre auf dem Dach der Grünen in Graz Transparente entrollten und bengalische Feuer zündeten, war auch ein FPÖ-Bezirksobmann beteiligt. Er musste seine Funktion zurücklegen.


Nicht ganz so streng sieht man die aktuelle Aktion. „Ich kann damit leben. Genauso wie ich mit den Demonstrationen gegen einen Ball (gemeint ist der WKR-Ball, Anm.) lebe. Das muss eine Demokratie aushalten“, urteilt FPÖ-Kultursprecher Walter Rosenkranz. Die Identitären beschreibt er als „Protestbewegung junger Menschen in der Kategorie Pegida.“ Wiener Neustadts FPÖ-Vizebürgermeister Michael Schnedlitz hofierte sie: „Genau diese Bewegung brauchen wir!“


Wiens Stadtchef Michael Häupl (SPÖ)und Vizebürgermeisterin Maria Vassilakou (Grüne) luden die Schauspieler zu einer Aufführung im Rathaus ein. Man setze damit „ein klares Zeichen gegen Hetze und Ausgrenzung“.

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