Gudrun, die Frau ohne Nachnamen

in Leben für die Kunst: Gudrun, eine Schülerin von Maria Lassnig lebt seit 40 Jahren in Wien. Die „Tochter von“ schwebt seit jeher über ihrer Arbeit.
Die Tochter des FPÖ-Politikers Siegfried Kampl distanziert sich von den Aussagen ihres Vaters.

Der Weg in das Atelier ist steinig. Fünf Stockwerke hoch. Der historische Aufzug in dem alten Fabrikgebäude in Wien-Landstraße ist schon lange kaputt. Die Lackdämpfe ab Stockwerk Nummer vier zeigen: Es ist der richtige Weg. Und zwar einer, der in einen großen, offenen Raum führt. Holzdielen, weiß gestrichene Holzbalken. An den Wänden dunkelrote Schriften aus Samt und silberne Installationen. Hier arbeitet Gudrun. Die Tochter von Siegfried Kampl, dem Bürgermeister von Gurk in Kärnten, der mit nationalsozialistischen Aussagen immer wieder aufhorchen lässt. Und gegen den ein Verfahren wegen Verhetzung von der Staatsanwaltschaft gerade eingestellt worden ist (der KURIER berichtete). Im September hat Gudrun, die Künstlerin, ihren Nachnamen abgelegt. Aus Emanzipation, sagt sie.

KURIER: Liebe Frau ... wie nenne ich Sie jetzt am besten?

Gudrun: Am besten Gudrun (lacht).

Gut. Also Gudrun. Den Nachnamen abzulegen ist ein starker Schritt. Was war der Auslöser?

Im September hat mein Vater in der Kleinen Zeitung wieder schwierige Aussagen gemacht. Das war mir dann genug. Ich distanziere mich davon, ich vertrete die Ansichten nicht. Das war meine Art, Stellung zu nehmen. Auch wenn ich nicht Stellung nehme.

Betrifft das nur den Künstlernamen oder war das tatsächlich eine Namensänderung?

Ich werde das "Kampl" sowieso nicht los, der Name wird mich immer begleiten. Also brauche ich ihn privat nicht ablegen.

Bisher haben Sie nie Stellung bezogen. Warum jetzt?

Ich dachte, wenn ich nichts sage, entkomme ich dem. Aber dem ist nicht so. Ich werde mich immer äußern müssen, das ist eine Art Schicksal.

Sind Sie ein politischer Mensch?

Alltagspolitik ist nicht meines. Aber man kann nicht gänzlich unpolitisch sein. Selbst wenn man unpolitisch ist, ist das politisch. Das erste Mal bin ich im Gymnasium in Wien mit Politik konfrontiert worden. Julius Mende, ein Kommunist, war damals mein Lehrer.

Ist der Name Kampl in Künstlerkreisen ein Problem?

Nicht wirklich. Galerien ignorieren ihn. Darum gibt es aktuell ja auch eine ,Gudrun xxx‘. Aber mein Elternhaus war immer bekannt. Und es war immer Thema. Ich bin die "Tochter von". Ich lebe seit 40 Jahren in Wien. Ich will über die Kunst definiert werden. Und dafür bin ich emanzipiert genug. Ich werde als eigenständig wahrgenommen.

Diskutieren Sie mit Ihrem Vater über Politik?

Wir haben genug gestritten, man wird müde. Er hat keine Worte für meine Kunst. Ich habe keine für seine politischen Aussagen. Wir sind wie Tag und Nacht. Ich wundere mich manchmal, warum wir so unterschiedlich denken. Wir sind grundsätzlich unterschiedliche Menschen. Aber wir bemühen uns beide im Umgang miteinander.

Wie gehen Sie dann mit solchen Aussagen um? Zuletzt wurde er wieder zum Bürgermeister von Gurk gewählt.

Bekannte und Freunde machen mich darauf aufmerksam. Ich selbst bekomme das sonst gar nicht mit. Aber es gibt für mich den Siegfried Kampl, den Vater. Und den Siegfried Kampl, den Politiker. Er war ein lieber Vater, großzügig und hilfsbereit. Als Politiker ist er wahrscheinlich deshalb beliebt. Aber er ist in seinem Denken in der Geschichte seines Vaters hängen geblieben.

Hat er Ihren Weg unterstützt?

Ich habe schon immer gehört: Kunst ist brotlos. Er hat keinen Zugang dazu. Aber er ist sehr wohl stolz, wenn seine Tochter, die Alleinerzieherin und Künstlerin, dann in der Zeitung steht.

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