Infrastruktur: Ein neuer Kanal für Wiens Westen
Eine Minute und 37 Sekunden dauert es, bis man nach fünf Stockwerken und einem halben im Untergrund Wiens in einem riesigen Rohr angekommen ist. 25 Meter tief unter der Hamburger Straße in Margareten.
Das Rohr ist 7,5 Meter breit und fasst nach starkem Regen 110 Millionen Liter Wasser. Es ist das Ende des Wiental-Kanals. Dass Klimastadtrat Jürgen Czernohorszky (SPÖ) dort am Donnerstag die Ausbaupläne des Kanals präsentieren konnte, ohne nass zu werden, ist dem schönen Wetter geschuldet. Drei Wochen hat es schon nicht geregnet, die Schleusen wurden dichtgemacht und der Kanal gereinigt.
Der Wiental-Kanal ist 3,5 Kilometer lang, erstreckt sich von der Urania bis zur Hamburger Straße in Margareten und ist eigentlich ein Zwischenspeicher für Regenwasser. Den braucht es, weil die sogenannten Cholera-Kanäle, die links und rechts des Wienflusses liegen (und aus der Cholera-Zeit stammen) an ihre Kapazitätsgrenzen gelangt sind: Regnet es, fließt das Regenwasser von der Straße direkt in die Cholera-Kanäle, dort vermischt es sich mit Abwasser.
Bei Starkregenereignissen – und derer werden wegen des Klimawandels mehr – füllen sich die Cholera-Kanäle aber und das Mischwasser aus Regen- und Abwasser muss zur Entlastung in den Wienfluss abgelassen werden.
Das beeinträchtigt die Wasserqualität des Wienflusses.
Bis 2028 will die Stadt den Wiental-Kanal daher verlängern – um 9 Kilometer bis zum Ernst-Arnold-Park in Auhof. Die Bauarbeiten sind massiv – und starten im April mit den Probebohrungen am Gaudenzdorfer Gürtel in Meidling. Auf der Grünfläche zwischen den Fahrspuren wird ein ungefähr 20 mal 40 Meter großes Loch gebohrt: der Startschacht für den drei Meter breiten Tunnel.
Zurück und nach vorn
Dort wird sich die Tunnelbohrmaschine etwa 20 Meter tief in den Untergrund bohren. Von dort bewegt sich die Maschine zuerst die kurze Strecke zurück nach Margareten. Dort, am aktuellen Ende des Wiental-Kanals, wird die Maschine ausgebaut und am Gaudenzdorfer Gürtel wieder eingebaut.
Von dort bohrt sie sich dann den Weg bis nach Penzing. Dort, am Skaterplatz in Auhof, wird die Maschine zum Schluss ausgebaut.
An das bestehende Kanalnetz angeschlossen wird der neue Wiental-Kanal an 50 Stellen entlang des Wienflusses. Dafür müssen in den betroffenen Bezirken – dem 5., 6., 12., 13., 14. und 15. Bezirk – jeweils ungefähr drei Mal vier Meter breite Löcher gegraben werden.
Für die Bewohnerinnen und Bewohner bedeutet das Belastungen in unterschiedlich starkem Ausmaß. Was geht, versichert Andreas Ilmer, Direktor des Wien Kanals, werde im Untergrund gebohrt. „Es ist nicht die billigste Variante, die wir gewählt haben“, sagt er. „Aber die schonendste.“
Die Kosten für das Infrastruktur-Projekt schätzt er auf bis zu 250 Millionen Euro – nach jetzigem Stand.
Die Bezirksvorsteherinnen und -vorsteher begrüßen das Projekt – und wollen die Bauarbeiten für Verschönerungen nutzen – etwa am Skaterplatz in Penzing. Der Baustart für den Wien-Kanal ist für 2024 geplant.
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