Ich sah mehr, als es bisher einer europäischen Frau vergönnt war zu sehen. Ich scheute weder Scheltworte noch Steinregen, ich ging mit Missionaren, und zwei Mal sogar verkleidet als Mann.
Das schrieb die Wienerin Ida Pfeiffer im Jahr 1847 in einem Brief aus Ceylon, dem heutigen Sri Lanka, an ihre Schwester in Österreich. Wer war Ida Pfeiffer? Sie war Weltreisende, Reiseschriftstellerin, Sammlerin von exotischen Tieren und Pflanzen – allesamt Pionierleistungen im 19. Jahrhundert.
„Doch über sie als Privatperson wissen wir nicht mehr allzu viel“, sagt Gabriele Habinger. Die Kultur- und Sozialanthropologin der Universität Wien hat nun ein Buch mit Briefen Ida Pfeiffers veröffentlicht, die einen Einblick in ihre Persönlichkeit geben.
„Sie war jedenfalls von Reisefieber und Wissensdurst getrieben“, sagt Habinger. Pfeiffer war bereits 44, als sie ihr Leben umkrempelte: „Ein Alter, in dem sich Frauen damals eher im Kreis ihrer Familie niederließen.“ Nicht so Pfeiffer: Da ihre Söhne erwachsen waren, hatte sie die Freiheit, die Welt zu erkunden.
Pfeiffer nahm allerhand Strapazen in Kauf, reiste auf Segelschiffen, Ochsenkarren oder im Einbaum. Leute, die immer bequem daheim sitzen oder nur auf Eisenbahnen, Dampfschiffen und Postgelegenheiten reisen, wissen den Hochgenuss eines guten Bettes gar nicht zu würdigen, schrieb sie.
Ob Übelkeit (Seekrankheit kurierte sie mit einer Mischung aus Grütze, Wein, Zucker, Speck, Pfeffer und Rum) oder unwegsames Gelände (in Borneo musste sie mit bloßen Füßen tagelang reisen, denn mit Schuhen gleitet man gar zu leicht aus) – nichts konnte sie abschrecken.
Mit Humor und Ironie
Auch nicht die Unsitten der Mitreisenden, etwa das gemeine, rohe Benehmen eines jungen Engländers, der seine Erziehung in einem Pferdestall oder in einem noch edleren Orte empfangen haben muss.
Pfeiffer verfügte, das zeigen ihre Briefe, über Humor und Ironie. „Sie hat auch gerne kritisiert und so formuliert, wie man es von einer Biedermeierdame definitiv nicht erwarten würde“, sagt Habinger. In London etwa, so schrieb Pfeiffer, wolle sie um keinen Preis leben, keine Stadt war mir so lästig wie diese. Das steife Benehmen der höheren Klasse, das Teegepritschel und die garstige Witterung missfielen ihr. Über die Bewohner von Tiflis schrieb sie: Das gemeine Volk ist sehr roh, sie stehen an Gemütlichkeit der Bewohner weit hinter den meisten Völkern.
Unterwegs sammelte sie außerdem unablässig exotische Tiere und Pflanzen, was zu einer wichtigen Einnahmequelle für sie wurde. Mehr als 4.200 ihrer Objekte werden im Naturhistorischen Museum in Wien aufbewahrt. Anders als forschungsreisende Männer ihrer Zeit hatte sie zwar keinen Universitätsabschluss, für ihre Arbeit zollten ihr gelehrte Zeitgenossen dennoch Respekt. So schrieb sie über einen Besuch bei Alexander von Humboldt: Er nahm mich vorzüglich freundlich auf, und meine Reisen schienen ihn nicht nur zu interessieren, er war so erstaunt, dass er mehrmals ausrief: Sie haben Unglaubliches geleistet!
„Beeindruckend ist auch, wie furchtlos sie war“, sagt Habinger. Ich werde gleich auf meiner nächsten Wanderung mit Menschenfressern zusammenstoßen, schrieb Pfeiffer etwa auf Borneo. Ich hoffe, mein Fleisch wird ihnen schon zu alt sein. Und auf Java hielt sie 1852 fest: Ich wusste, dass Ruhe und Vertrauen die wilden Völker am besten gewinnt.
Zum Verhängnis wurde ihr aber die Malaria, an der sie mit 61 starb. Ihr Konterfei hätte übrigens die 50-Schilling-Note zieren sollen – aufgrund der Euro-Einführung erschien diese aber nicht mehr. Heute halten zumindest Bücher die Erinnerungen an die furchtlose Reisende aus Wien aufrecht.
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