Wer in der Wiener Innenstadt unterwegs ist, kennt sie: Hütchenspieler, die auf spielwillige Opfer warten, um ihnen das Geld aus der Tasche zu ziehen. Denn Gewinner sind ausschließlich die Hütchenspieler selbst.
Doch am Mittwoch hat die Glückssträhne auch zwei der Hütchenspieler verlassen. Die Männer, ein 50-jähriger Kosovare und ein 44-jähriger Mazedonier, müssen sich in Wien vor Gericht wegen gewerbsmäßigen Betrugs verantworten.
Großes Ganzes
Sie sind nur Rädchen in einem größeren System: Insgesamt ermittelt die Staatsanwaltschaft Wien gegen 20 Personen.
Doch so einfach ist die Sache nicht. Zumindest, was den Kosovaren betrifft. Wo sein ordentlicher Wohnsitz ist? "Jetzt im Knast", erklärt er. Schon zwei einschlägige Vorstrafen in Deutschland zählt der Richter. "Das kann nicht sein. Da war ich gar nicht in Deutschland", meint der Mann. Der Richter blendet die vielen dokumentierten Alias-Namen des Mannes ein. "Ich habe nie Alias geheißen", ist der Angeklagte verwirrt.
Als seine Generalien endlich geklärt sind, zeigen sich die beiden Männer zumindest teilweise schuldig. Der Mazedonier gibt zu, als Aufpasser fungiert zu haben. "Ich habe geschaut, ob die Polizei kommt. Das ist ja nicht verboten", meint er. "Warum braucht man einen Aufpasser, wenn man angeblich nicht weiß, dass es verboten ist?", fragt der Richter.
"Ich kann das nicht"
Gespielt haben will der Mazedonier jedenfalls nicht. "Ich kann das nicht." Wenig später gesteht er zu "sehr selten" doch mitgespielt zu haben. "Haben Sie andere Personen dazu animiert, mitzuspielen?", fragt der Richter. "Das ist ja alles freiwillig", antwortet der Angeklagte.
Zumindest plaudert er ein wenig aus dem Nähkästchen. Der geringste Spieleinsatz beträgt 30 Euro, der höchste 200 Euro. Der Gewinner bekommt das Doppelte des Einsatzes. Er selbst habe täglich 50 bis 60 Euro verdient.
Doch gab es überhaupt Gewinner, die nicht zu der Gruppe gehörten? "Es gab auch Fälle, wo Leute die Kugel gefunden haben. Die wurden auch ausbezahlt", sagt der Mann.
Das bezweifelt die Staatsanwältin. Denn sobald unbeteiligte Passanten zu spielen begannen, hätte sich etwa das Tempo des Spiels rasant geändert.
"In der Judikatur steht, dass es sich beim Hütchenspiel um ein Geschicklichkeitsspiel handelt. Es geht darum, eine Kugel unter drei Hütchen so geschickt zu bewegen, dass der Spieler ins Leere schaut", meint ein Anwalt. Die Chance betrage 1:3. "Das ist ja kein Betrug." Verboten ist es allemal. "Aber es handelt sich nur um eine Verwaltungsübertretung."
Polizist zum Spielen aufgefordert
Auch ein Zeuge kommt zu Wort. Es handelt sich um einen Polizisten, der im vergangenen Oktober privat mit seiner Familie am Kohlmarkt unterwegs war und auf die Hütchenspieler gleich neben dem Demel aufmerksam wurde. "Sie haben mich mehrmals aufgefordert, mitzuspielen. Ich habe dann Fotos und Videos gemacht und die Kollegen verständigt", erzählt der Mann, der beide Angeklagten wiedererkennt.
Für den Richter ist die Sache klar: Er verurteilt die Männer zu jeweils 12 Monaten Haft, davon drei unbedingt; rechtskräftig. "Bei den Opfern entsteht der Eindruck, es handelt sich um ein harmloses Geschicklichkeitsspiel. Aber tatsächlich verlieren sie."
Die Spielutensilien und ein paar hundert Euro, die die Männer damals bei sich hatten, wurden konfisziert.
Kommentare