Hohe Unfallzahlen: "Der Lobautunnel muss her"

Unfallforscher Ernst Pfleger.
Unfallforscher Ernst Pfleger erachtet den Lückenschluss der S1 als "unbedingt notwendig".

Kaum ein Verkehrsprojekt ist so heiß diskutiert wie der Lobautunnel. Eigentlich stand mit Jahresende 2020 fest, dass der 8,2 km lange Tunnel als Verlängerung der S1 gebaut wird. Nun üben Naturschützer erneut Kritik und bringen sogar den seltenen Einhorn-Trüffelkäfer ins Spiel, um das Großprojekt vielleicht doch noch zu verhindern.

„Kritik ist gut, aber sie muss fundiert begründet sein“, sagt der Unfallforscher Ernst Pfleger. Der Lückenschluss der S1 sei – unter Beachtung aller Naturschutzmaßnahmen – unbedingt notwendig. Warum, das kann der Experte mit Zahlen belegen.

„Das Verkehrsaufkommen auf der Tangente ist so immens, dass die Zahlen weit über allen üblichen Berechnungsmethoden liegen“, sagt Pfleger. Eine derart hohe Zahl von Autos und Lkw würde sich unter Berücksichtigung der nötigen Sicherheitsabstände auf dieser Strecke pro Tag eigentlich gar nicht ausgehen.

„Die durchschnittliche Verkehrsleistung pro Tag liegt bei 186.000 Fahrzeugen, Spitzen liegen bei 221.000. Die Einhaltung des notwendigen Mindestabstands von einer Sekunde, also 22,2 Metern bei 80 km/h, ist so nicht möglich“, so Pfleger.

Millionenschaden

Von 2017 bis 2019 gab es auf der A23 insgesamt 471 Unfälle mit Personenschäden. Drei Menschen starben, 604 wurden verletzt. Nahezu zwei Drittel davon, also 263, waren Auffahrunfälle; 105 waren wegen eines Spurwechsels erfolgt. Die volkswirtschaftlichen Kosten betragen 10,9 Millionen Euro. Würde man auch die Sachschäden heranziehen, müsste man diese Zahlen fünf bis sieben Mal multiplizieren.

Die Unfälle seien aber nur bedingt der Unachtsamkeit der Lenker zuzuschreiben. Bei einem derart hohen Verkehrsaufkommen mit geringen Abständen könne auch ein aufmerksamer Lenker nicht mehr rechtzeitig bremsen, wie der Experte mit folgendem Beispiel untermauert: Nimmt man an, dass ein vorderes Fahrzeug eine Starkbremsung durchführt, braucht der Lenker dahinter nach einer Sekunde Reaktionszeit bei einer Vollbremsung mehr als sieben Meter Abstand zum vorderen Fahrzeug, damit ein Auffahren verhindert wird.

Dieser Platz existiert auf der Tangente nicht. Umso schlechter fällt die Rechnung aus, wenn man statt Autos einen Lkw als Fahrzeug dahinter rechnet. Da verursachen bereits normale Bremsungen des Pkw vorne den Auffahrunfall.

"Österreichisches Erfolgsprojekt"

„Die A23 war nie als eine Hauptverkehrsroute geplant. Es ist daher unumgänglich, eine Außenumfahrung für Wien durch den Lobautunnel zu schaffen“, sagt Pfleger. Gerade weil der Umweltschutz wichtig sei, müsse der Tunnel her.

Die Röhren würden 60 Meter tief verlaufen und somit weder dem Grundwasser noch der Natur schaden: „Durch die geplante Einhausung werden Luft- und Lärmgrenzen deutlich unterschritten“. Dass der Tunnelbau ein österreichisches Erfolgsprojekt sei, würden zahlreiche Beispiele zeigen. 61 Tunnel mit über 1,5 Kilometer Länge mit allen Sicherheits- und Umweltstandards seien ein europaweites Vorbild, sagt Pfleger.

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