Geplanter "Kirchenbeitrag" für Muslime hat Startprobleme
Die Islamische Glaubensgemeinschaft (IGGÖ) hat Probleme. Zum einen bekämpft man die geplante Änderung des Islamgesetzes, die dem Kultusamt Einsicht in die Finanzen der Moscheegemeinden verschaffen soll und die zwecks besserer Überwachung ein Imame-Register vorsieht. Und zum anderen steht es um die Finanzen der IGGÖ nicht gerade zum Besten.
Um gegenzusteuern, will man nun endlich den lange diskutierten (mit dem Kirchenbeitrag vergleichbaren) IGGÖ-Beitrag einführen. Die Sache hat nur einen Haken: Um die Gläubigen über das neue System zu informieren, bräuchte die IGGÖ deren Meldedaten. Die Gemeinden rücken diese nach Weisung des Innenministeriums seit Ende des Vorjahres allerdings nicht mehr heraus.
Erhöhter Personalaufwand
Grund für den finanziellen Druck sei der erhöhte Sach- und Personalaufwand, erklärt IGGÖ-Sprecherin Valerie Mussa. Durch das Islamgesetz 2015 habe man Aufgaben übernommen, die zuvor Sache der Vereinspolizei waren – etwa die Überprüfung von Vereinsstatuten. Dazu kämen Religionsunterricht, Seelsorge, Uni-Betrieb, Extremismusprävention oder Friedhofsagenden. Das alles sei nur mit ehrenamtlicher Arbeit allein nicht mehr zu bewerkstelligen.
Abhilfe soll nun der IGGÖ-Mitgliedsbeitrag – 120 Euro im Jahr – schaffen. Bisher entrichteten die Gläubigen lediglich Spenden in den Moscheevereinen (die dann einen jährlichen Fixbetrag als Kultusumlage an die IGGÖ abführen). Die neue Gebühr wäre dagegen direkt an die Glaubensgemeinschaft zu zahlen.
Das hätte mehrere Vorteile, so Mussa; Der IGGÖ-Beitrag wäre – im Gegensatz zu den Spenden – steuerlich absetzbar. Und er wäre vor allem Voraussetzung dafür, dass IGGÖ-Dienstleistungen wie der Religionsunterricht, die Lehrerausbildung, Mitgliedsbescheinigungen für den Militärdienst oder Halal-Zertifizierungen weiter in Anspruch genommen werden können.
Zudem erreiche man mit dem neuen Modell nicht nur jene 35 Prozent der 700.000 Muslime in Österreich, die eine Moschee besuchen – sondern alle, die sich zum Islam bekennen.
Angebliche Verwechslungsgefahr
Um über den IGGÖ-Beitrag zu informieren, beantragte man bei den Gemeinden also die Meldedaten der Gläubigen. Bekommen hat man sie allerdings nicht.
Laut Innenministerium gehe aus dem Religionsbekenntnis „islamisch“ nämlich nicht hervor, ob sich der Gläubige der IGGÖ oder der Alevitischen Glaubensgemeinschaft zugehörig fühle. Ohne entsprechende Konkretisierung dürften die Meldedaten nicht übermittelt werden. Das habe man den Gemeinden nach entsprechenden Rückfragen so mitgeteilt.
Die IGGÖ kann die Begründung nicht nachvollziehen – trage man doch als einzige Religionsgesellschaft das Wort „islamisch“ im Namen. Zudem sei eine Konkretisierung schwierig, weil „IGGÖ“ ja kein Religionsbekenntnis sei. Davon abgesehen, stelle sich die Frage, wie man die Gläubigen dahingehend aufklären solle – ohne Meldedaten.
Dazu heißt es aus dem Ministerium, es sei „wohl davon auszugehen, dass die Religionsgesellschaften auch einen anderen Zugang zu den Menschen haben, die sich zu ihnen bekennen, als ausschließlich die Meldedaten“.
„Und welchen?“, fragt man bei der IGGÖ zurück.
Info: IGGÖ und ALEVI
Das Meldegesetz verpflichtet Gemeinden, gesetzlich anerkannten Religionsgesellschaften auf Verlangen Meldedaten ihrer Gläubigen zu übermitteln. Beim Islam gebe es allerdings zwei Glaubensgemeinschaften, heißt es im Innenministerium: Die Islamische und die Alevitische - kurz IGGÖ bzw. ALEVI.
Dieselbe Debatte gibt es auch bei Schulzeugnissen. Dort wird das Religionsbekenntnis seit Kurzem nicht mehr mit „Islam“, sondern etwa mit „IGGÖ“ angegeben.
Die IGGÖ stieß sich daran, weil die Religion "Islam" und nicht "IGGÖ" heiße und brachte deshalb Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof ein. Der wies sie aus Formalgründen allerdings zurück. Ob die IGGÖ wegen der Meldedaten nun erneut vors Höchstgericht geht, bleibt abzuwarten.
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