Erst leere Moscheen, dann leere Kassen: IGGÖ unter Druck
Die Corona-Krise setzt Österreichs Muslime mehr unter Druck als andere Religionsgemeinschaften. Das betrifft nicht nur einen Teil der bundesweit 350 Moscheen, sondern auch die Islamische Glaubensgemeinschaft (IGGÖ) selbst. Diese dürfte heuer um zirka 245.000 Euro sogenannte Kultusumlage – und somit um rund zwei Drittel ihres Budgets – umfallen. Hilfe erhofft man sich vom Bund.
Insbesondere kleine Moscheegemeinden brachte Corona in arge Bedrängnis. Wie berichtet, standen während der Sperre der Gotteshäuser etwa ein Drittel der 350 Moscheen vor der Pleite. Das Hauptproblem war, dass die Spenden bei den Freitagsgebeten komplett entfielen. Für 32 Moscheen gibt es jetzt Entwarnung.
Schließung abgewendet
Um den Ruin kleiner Moscheevereine abzuwenden, startete die IGGÖ zuletzt ein Fundraising. Das brachte zwar nur rund 60.000 Euro ein. Für 32 Gebetsstätten – die meisten davon in Wien – dürfte die Ausschüttung aber die Rettung in letzter Minute bedeuten. Der Zuschuss reicht für drei Monatsmieten. Die Schließung sei damit fürs Erste vom Tisch, heißt es von der IGGÖ.
Zu diesen 32 autonomen Vereinen kämen zwar noch weitere Moscheen, die ebenfalls unter finanziellem Druck stünden – die ihr Personal auf Kurzarbeit schicken und Mietzinsreduktionen oder auch Kreditstundungen beantragen mussten. Anders als die 32 gehören diese aber zu größeren Kultusgemeinden – die eigene Spendenaktionen initiierten.
Eigentlich zahlen die 27 Kultusgemeinden pro Moschee ein Mal im Jahr 1.000 Euro an die IGGÖ. Bei 350 Moscheen wären das also 350.000 Euro Kultusumlage. Mit dem Budget kommt die Glaubensgemeinschaft ihrem gesetzlichen Auftrag nach, die Mittel fließen unter anderem in Seelsorge und Islam-Unterricht.
Projekte liegen auf Eis
Von den 350 Moscheevereinen Österreichs entrichteten etwa 30 Prozent die Zahlung bereits Anfang des Jahres. Doch dann kam Corona.
Die seither finanziell gebeutelten Kultusgemeinden dürften die Abgabe heuer daher aussetzen. Was für die IGGÖ einen Verlust von etwa 245.000 Euro bedeutet. Damit ist die Religionsgesellschaft nur mehr bedingt handlungsfähig. "Wichtige Projekte bleiben liegen", bestätigt Sprecherin Valerie Mussa.
So fehle etwa das Geld für die Anstellung von (in Österreich ausgebildeten) Imamen. Oder für die Professionalisierung der Gefängnis- und Spitalsseelsorge – die zurzeit von mehr als 80 Ehrenamtlichen angeboten wird. In ganz Österreich gibt es nur einen hauptberuflichen Gefängnisseelsorger.
Warten heißt es zudem für die Einrichtung einer professionellen Telefonseelsorge oder für die Einrichtung einer muslimischen "Caritas".
350 Moscheen gibt es bundesweit. Manche gehören zu Verbänden, manche sind autonom.
32 Gebetsstätten bekommen jetzt einen Notzuschuss.
1.000 Euro pro Moschee muss eine Kultusgemeinde im Jahr an die IGGÖ bezahlen. Das Geld fließt in Seelsorge und Islam-Unterricht,
Um dem gesetzlichen Seelsorge-Auftrag weiter nachkommen zu können, hofft man bei der IGGÖ nun auf Unterstützung aus dem vom Parlament beschlossenen Corona-Fonds für Non-Profit-Organisationen (NPO) – der auch Kirchen und Religionsgemeinschaften einschließt. In Summe sollen für den NPO-Bereich 700 Millionen Euro bereitgestellt werden.
"Moschee-Steuer" bleibt ein Thema
Die finanziellen Turbulenzen wärmen zudem die Debatte um eine "Moschee-Steuer" (die eigentlich ein IGGÖ-Beitrag wäre) wieder auf. Wie berichtet, forciert IGGÖ-Präsident Ümit Vural das Konzept in den Gremien. Käme es nicht, sei man bald nicht mehr handlungsfähig, heißt es.
Die Idee hinter diesem IGGÖ-Beitrag ist, sich nicht nur an jene 35 Prozent der Gläubigen, die in einem Moscheeverein aktiv sind (und dort ohnehin schon einen Mitgliedsbeitrag zahlen) zu wenden. Sondern an alle 700.000 Muslime im zentralen Melderegister.
Damit ginge die IGGÖ ein Risiko ein. Denn Zahlungsunwillige könnten genau wie bei der katholischen Kirche einfach austreten. Diese würden allerdings um begehrte Dienstleistungen wie islamische Hochzeiten und Beerdigungen, Islam-Unterricht oder Bescheinigungen fürs Bundesheer, die es muslimischen Soldaten ermöglichen, regelmäßig zu beten und halal zu essen, umfallen.
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