Gangbetten: Schelte für Stadt Wien

Gangbetten: Schelte für Stadt Wien
Laut Rechnungshof haben KAV und Stadträtin zu wenig zur Vermeidung unternommen.

Gerade in der winterlichen Grippezeit sorgt die Unterbringung von Patienten in Gangbetten in den Wiener Gemeindespitälern immer wieder für Kritik. Nun hat der Stadtrechnungshof die Problematik systematisch unter die Lupe genommen.

Die Prüfer fanden dabei gleich mehrere Managementfehler im Krankenanstaltenverbund (KAV). Die bisher gesetzten Maßnahmen würden noch nicht ausreichen, "um auch außerhalb einer Grippewelle" oder Ausnahmesituation "die Belegung von Gangbetten gänzlich zu verhindern", lautet ihr wenig schmeichelhaftes Urteil. So stand im Zeitraum 2006 bis 2016 keine geeignete Software zur Verfügung, um die Anzahl und Dauer von Gangbetten auszuwerten. Diese fehlende Monitoring-Möglichkeit ließ auch keine effektive Steuerung zu.

Erst für das zweite Quartal 2017 konnten den Prüfern Zahlen genannt werden. Demnach gab es allein im April 300 Gangbetten (siehe Grafik). Was auffällt: Drei Viertel davon waren im Donauspital und im Wilhelminenspital aufgestellt.

Gangbetten: Schelte für Stadt Wien

Zwar befasste sich die KAV-Direktion immer wieder mit der Thematik, Handlungsanweisungen erfolgten aber nur allgemein, die Verbindlichkeit der Maßnahmen war nicht nachvollziehbar.

Obwohl Gangbetten immer wieder für Diskussionen sorgen, haben sich laut Rechnungshof die zuständigen Stadträtinnen mit der Problematik bestenfalls halbherzig beschäftigt: Konkrete Vorgaben des Gesundheitsressorts zur Vermeidung von Gangbetten konnten den Prüfern von der KAV-Direktion nicht vorgelegt werden.

Gesperrte Betten

Ein besonders kurioses Detail: Betten zur Unterbringung der Patienten in Zimmern gäbe es offenbar genug, nur werden sie nicht genutzt. Denn zwischen 2006 und 2016 stieg die Anzahl der – unter anderem wegen Personalmangels – gesperrten Betten um 40,6 Prozent an.

Heinrich Schneider, Personalvertreter im Wilhelminenspital, kennt das Problem aus erster Hand. Auf der Unfallchirurgie müssten vor allem in der Nacht immer wieder Patienten in Gangbetten untergebracht werden. „Manchmal sind es sogar insgesamt fünf bis acht auf beiden Stationen. Das KAV-Management hat immer weggeschaut. Erst im Vorjahr hat man nach öffentlichen Druck und der Kritik der Volksanwaltschaft regiert.“

Laut Schneider sei aber immer noch nicht genug geschehen: „Im Wilhelminenspital gibt es nach wie vor keinen Bettenbelagsmanager. Die geplante interdisziplinäre Station, die zu einer Entlastung geführt hätte, wurde auch nicht verwirklicht.“ Er befürchtet, dass sich die Gangbetten-Problematik in den KAV-Unfallabteilungen sogar verschärfen wird, wenn die beiden Unfall-Spitäler der AUVA weiter ihre Angebote zurückfahren.

"Jeder Wiener weiß, dass es Gangbetten gibt", sagt ÖVP-Gesundheitssprecherin Ingrid Korosec. "Nur die Gesundheitsstadträtin hat das Problem offensichtlich ausgeklammert."

Ähnlich reagiert auch Neos-Klubchefin Beate Meinl-Reisinger: "Diese Prüfung offenbart ein Totalversagen des KAV-Managements im Bereich Gangbetten." – "Die Wiener zahlen überdurchschnittlich viel für ihre Gesundheitsversorgung ein und erhalten dafür lediglich unterdurchschnittliche Leistungen", kritisiert FPÖ-Gesundheitssprecher Wolfgang Seidl.

Seitens der Stadt verteidigt man sich: „Jedes Gangbett ist eines zu viel, daher werden wir unsere Anstrengungen, sie zu vermeiden, weiter fortsetzen“, sagt Gesundheitsstadträtin Sandra Frauenberger (SPÖ). So sei nunmehr ein aussagekräftiges Monitoring vorhanden, das im Bedarfsfall sofortige Maßnahmen nach sich ziehe.
Zu bestimmten Zeiten, ließen sich aber Gangbetten nicht vermeiden, betont Michael Binder, medizinischer Direktor im KAV. „Das ist auf der ganzen Welt so.“ Tageweise Sperren von Betten könnten auch vorkommen – etwa wegen Umbauarbeiten, Reinigung oder der Versorgung ansteckender Patienten.

Äußerst glücklos agierte der Krankenanstaltenverbund (KAV) laut Stadtrechnungshof bei der Implementierung eines sogenannten Unit-Dose-Systems im SMZ Süd. Dabei handelt es sich um Anlagen, die automatisch die Arzneimittel für jeden einzelnen Patienten maßgeschneidert in der Anstaltsapotheke zusammenstellen und sortieren.

Im SMZ Süd wurde 2006 ein derartiges System angeschafft, das aber nie funktionierte. Eine beauftragte Zweitfirma konnte bis 2008 die nötige Software nicht liefern. Deshalb wandte sich der KAV an ein anderes Unternehmen, das aber auch nicht liefern konnte, weil es 2011 in Konkurs ging.

Das Projekt wurde schließlich eingestellt. Insgesamt hatte der KAV 1,629 Millionen Euro in das System investiert, ehe er sich 2014 entschloss, es zu veräußern. Letztlich wurde die Anlage um 10.000 Euro an jene Firma zurückverkauft, die sie seinerzeit dem KAV geliefert hatte. Somit floss nur ein Prozent der Investitionskosten wieder an den KAV zurück, wie der Stadtrechnungshof kritisch feststellt.

"Bei künftigen Veräußerungen von medizinischen Anlagen wären eingehende Betrachtungen im Hinblick auf ein bestmögliches Verkaufsergebnis anzustellen", vermerken die Prüfer trocken. In seiner Stellungnahme gelobt der KAV Besserung.

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