Disziplinarverfahren
Auf den Spuren der 1855 geborenen Frauenrechtlerin Auguste Fickert führt sie durch das Cottageviertel. „Sie war bekannt als streitbare, kompromisslose Feministin“, erzählt Oberforcher. Das brachte ihr nicht unbedingt große Beliebtheit ein – dafür aber ein paar Disziplinarverfahren.
Fickert setzte sich für gleichen Lohn, das Wahlrecht, die Rechte gleichgeschlechtlicher Paare, die Trennung von Schule und Kirche oder gegen Kinderarbeit ein. Mit zwei weiteren Frauen gab sie außerdem die eingangs zitierte Zeitschrift „Dokumente der Frau“ heraus.
Und sie engagierte sich für leistbare Wohnungen für alleinstehende, berufstätige Frauen. „Eine Frau konnte damals nicht einfach allein eine Wohnung suchen. Da hätte man vermutet, dass es sich um eine ,Einschlägige’ handelt“, sagt Oberforcher. Daher mussten sich Frauen als „Bettgeherin“ durchschlagen: Sie zahlten viel Geld, um ein paar Stunden in einem fremden Bett zu schlafen. „Das war hygienisch fragwürdig und es gab sexuelle Belästigung.“
Fickert erreichte, dass in der Peter-Jordan-Straße ein Haus mit leistbaren Wohneinheiten für Frauen entstand. 1911, ein Jahr nach ihrem Tod, wurde es eröffnet. Heute erinnert eine Statue im Türkenschanzpark an sie.
Von Venedig bis Wien
Bei ihrer Tour „Starke Wirtschaftsfrauen“ startet Oberforcher im 1. Bezirk, sie macht aber auch einen kleinen Abstecher ins Venedig des 14. Jahrhunderts: Dort lebte die Poetin Christine de Pizan, die als Witwe ums finanzielle Überleben kämpfte. „Schon sie hat Frauen geraten, sich dafür zu interessieren, wie man Geld verdient.“
51.000 Unternehmerinnen gibt es aktuell in Wien, immerhin die Hälfte davon sind Einzelkämpferinnen. Und zu einigen führt Oberforcher im 1. Bezirk – sie setzt sich „die Unternehmerinnen-Brille auf“, um die weibliche Seite der Wirtschaft zu zeigen, wie sie sagt. Die Tour führt etwa zu einer Kochbuch-Handlung, zu einer Schmuck-Galerie oder zu einem veganen Feinkost-Laden. Und bei diesem Rundgang gibt es nicht nur Anekdotisches, sondern auch Kulinarisches: etwa Wein, Süßigkeiten oder veganen Lachs.
„Als junge Frau dachte ich, das sind unsere letzten Gefechte für Frauenrechte. Heute bin ich 66 – und immer noch führen Alleinerziehende die Armutsstatistik an“, sagt Oberforcher. Um das ins Bewusstsein zu rufen, möchte sie rund um den 8. März die Geschichten starker Frauen erzählen.
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