Ermittlungen gegen Promi-Wirt Martin Ho sind weiter anhängig
Seit März wird gegen den Wiener Promi-Gastronomen Martin Ho wegen Betrugsverdachts ermittelt. Es geht um mutmaßlich falsche Abrechnungen von Corona-Förderungen, es gilt die Unschuldsvermutung. Die Staatsanwaltschaft (StA) hat nun „weiterführende sicherheitsbehördliche Erhebungen in der Sache Martin Ho angeordnet“, zitiert das Magazin „Dossier“ eine Sprecherin der StA Wien. Der APA wurden dort weiter anhängige Ermittlungen bestätigt. Ein Ho-Sprecher weist die Vorwürfe zurück.
Das Arbeitsmarktservice Wien (AMS Wien) hatte Anh Tuan Ho - so heißt der in Österreich prominent gewordene gebürtige Vietnamese und Freund von Ex-ÖVP-Chef und -Bundeskanzler Sebastian Kurz mit vollem Namen - angezeigt. Laut „Dossier“ belegen Unterlagen, dass sich der Betrugsverdacht nach ersten Befragungen verdichtet habe. „Die Vorwürfe betrügerischen Handelns weisen wir aufs Schärfste zurück“, sagt Alexander Khaelss-Khaelssberg gegenüber dem Magazin. Seine Agentur macht die Pressearbeit für Ho und dessen Firmengruppe Dots (Clubs, Restaurants, Hotels und Kunst).
Neben Ho wird nun laut dem Bericht auch ein Co-Geschäftsführer der Dots-Gruppe als Beschuldigter geführt. „Die Polizei ermittelt. Doch bis zum Abschluss wird es noch dauern“, sagte die Staatsanwaltschaftssprecherin. Die fallführende Staatsanwältin hat dem Landeskriminalamt Wien im April eine lange Liste von Zeuginnen und Zeugen geschickt, die alle einzuvernehmen sind.
Während das AMS Wien Zweifel an den abgerechneten Fördersummen und -zeiträumen hegt, geht die Polizei einem neuen Verdacht nach. Bei der Beantragung von Kurzarbeitsförderungen könnten Unterschriften von Mitarbeitern gefälscht worden sein, schreibt „Dossier“.
Gefälschte Unterschriften
Demnach beschäftigen die Polizei seltsame Signaturen. So sagte etwa ein Mitarbeiter unter Wahrheitspflicht zu einem Kurzarbeitsantrag für den Zeitraum 1. März 2020 bis 31. Mai 2020, dass eine Unterschrift darauf nicht von ihm sei. Wer sie gefälscht habe, wisse er nicht, aber: „In dem angeführten Zeitraum war ich zu Beginn eine Woche zu Hause und danach zwei Wochen in Quarantäne“, sagte der Mitarbeiter laut „Dossier“ unter Berufung aufs Einvernahmeprotokoll.
„Mit der Rückkehr aus der Quarantäne, circa 23. März 2020, wurde von mir verlangt, voll zu arbeiten.“ Und weiter: „Ich musste sogar die Zeit der Quarantäne einarbeiten, die Order kam von meinem Betriebsleiter.“ Der Mitarbeiter beschwerte sich, dass „der Staat die Quarantäne finanziell ausgleichen würde für das Unternehmen“ und darum die Forderung des Einarbeitens unzulässig sei.
„Ich musste zehn Stunden pro Tag arbeiten, fünf Tage die Woche“, sagte der Mitarbeiter aus. „Mir wurden die geleisteten Mehrstunden nicht ausbezahlt, und ich hatte zu dieser Zeit nur das Kurzarbeitsgehalt.“ Laut Dienstvertrag war er als Kellner in der Dots-Gruppe von Martin Ho angestellt. „Ich goss die Pflanzen, strich und schleifte die Tische ab, es gab diverse Renovierungs- und Instandhaltungsarbeiten“, so der Mitarbeiter zu seiner „Vollzeit“-Tätigkeit ohne Gäste. Und dabei sei er nicht allein gewesen. „Wir waren immer drei bis vier Arbeiter.“ Im ersten Lockdown habe es auch mehrere Kündigungen gegeben, erinnerte sich der Zeuge. „Die Arbeiter mussten auch Stundenaufzeichnungen an das Unternehmen weitergeben und bekamen bar auf die Hand eine Stundenvergütung von fünf Euro nach Ende des Lockdowns“, sagte der Mitarbeiter weiter aus. Der Zeuge nannte vier Mitarbeiter, die noch in der Dots-Gruppe tätig sind.
Kurz nach Start der Ermittlungen verabschiedete sich ein wichtiger Geschäftspartner von Ho: Am 10. Mai 2022 legte Wilhelm Vullriede die Geschäftsführung in sieben Firmen der Dots-Gruppe zurück. Lediglich an der Holdingfirma Dots Beteiligungen GmbH, wo er 20 Prozent der Anteile hält, sitzt er noch im Management. „Herr Vullriede ist aus den operativen Gesellschaften ausgeschieden“, bestätigte Nikolaus Rast, der Anwalt von Martin Ho, dem „Dossier“. Ob der Rücktritt von Vullriede etwas mit dem laufenden Strafverfahren zu tun habe, habe Rast nicht beantworten wollen. Eine Anfrage des Magazins bei Vullriede blieb offen.
Klare Förderrichtlinien
„Zum Verfahren kann ich derzeit nichts sagen“, sagte Ho-Anwalt Rast weiter. „Im September bekomme ich Akteneinsicht.“ Sein Mandant wurde bis dato „nicht einvernommen“. Auch die StA-Wien-Sprecherin Judith Ziska blieb beim Usus, laufende Ermittlungen nicht zu kommentieren bestätigte aber: „Martin Ho und Wilhelm Vullriede werden von der Staatsanwaltschaft Wien als Beschuldigte geführt.“
Laut der vom AMS herausgegebenen Bundesrichtlinie Kurzarbeitsbeihilfe (KUA-Covid-19) ist die ordnungsgemäße und vollständige Dokumentation eine wesentliche Voraussetzung, um Förderungen zu bekommen. Die Arbeitgeber müssen die Unterschriften der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer einholen. „Als Nachweis für die Anzahl der verrechenbaren Ausfallstunden besteht die Verpflichtung des Betriebes, Arbeitszeitaufzeichnungen (Arbeitsbeginn, -ende, -unterbrechungen) für alle von Kurzarbeit betroffenen Mitarbeiter:innen zu führen und auf Verlangen dem AMS vorzulegen“, heißt es in der KUA-Covid-19. Und: „Bei falschen Angaben hinsichtlich der besonders starken Betroffenheit von der Corona-Krise ist jedenfalls die gesamte KUA-Beihilfe zu widerrufen und zurückzufordern.“
Die Justiz bestraft Kurzarbeitsschwindel besonders hart. Im August verhängte ein Salzburger Strafrichter in einem anderen Fall eine bedingte Haftstrafe. Zehn Monate Gefängnis für den Geschäftsführer, weil dieser dem AMS Salzburg betrügerisch gemeldet hatte, dass seine Mitarbeiter wegen der Pandemie in Kurzarbeit seien.
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