„Er lauerte mir auf“ – Anstieg sexueller Übergriffe im Sommer
Wie aus dem Nichts wurde Laura B. (Name geändert) Ende Juni von hinten von einem Fremden gepackt. Es war nach Mitternacht, sie hatte sich zuvor mit Freunden am Donaukanal getroffen und war dort gerade am Heimweg. Der Mann, einen knappen Kopf größer als die 22-Jährige, presste ihr die Hand auf den Mund. Die Studentin zögerte nicht, intuitiv biss sie ihm in die Hand, schrie und trat um sich.
Es entwickelte sich ein Gerangel, der Angreifer zog sogar ein Messer und verletzte die junge Frau an den Händen. Mit so viel Gegenwehr hatte er aber offenbar nicht gerechnet. Beide stürzten, B. riss sich los und rannte um ihr Leben. Mithilfe von Passanten – ihr eigenes Handy hatte sie auf der Flucht verloren – verständigte sie die Polizei. Eine sofortige Fahndung nach dem Täter verlief erfolglos; die 22-Jährige hat im Nachhinein betrachtet aber alles richtig gemacht.
Denn nicht alle Frauen können sich in solchen Situationen in Sicherheit bringen. Und derartige Vorfälle sind aktuell keine Seltenheit. „Seit Sommerbeginn verlagert sich das Leben ins Freie, und wir nehmen eine steigende Tendenz von Übergriffen auf Frauen im öffentlichen Raum wahr. Oft gehen diese mit sexuellen Grenzverletzungen einher“, erklärt Polizeisprecher Christopher Verhnjak .
Ihm zufolge ist es besonders wichtig, dass sich Frauen der Möglichkeit eines Angriffs stets bewusst sind. Dem stimmt B. zu: „Ich hatte immer so ein Urvertrauen. Man hört von solchen Attacken, rechnet aber selbst nicht damit. Vor allem nicht am Donaukanal, wo sogar nachts Passanten unterwegs sind.“
Die Polizei warnt, dass es auch am Donaukanal eher unbelebte Passagen gebe. Verhnjak empfiehlt Frauen am Heimweg generell, nur gut ausgeleuchtete, frequentierte Wege zu wählen, selbst wenn dies einen Umweg bedeutet. Ein weiterer Tipp des Polizisten: in der Nacht keine Kopfhörer tragen, die ermöglichen es dem Täter, sich unbemerkt zu nähern.
Was im Ernstfall hilft
B. hatte keine Kopfhörer, überrascht wurde sie dennoch. „Er hat mir aufgelauert, er war von einem Moment auf den anderen da“, erinnert sie sich. Die Studentin sagt selbst, dass sie „mit einem blauen Auge davongekommen“ ist. Am Heimweg habe sie nun aber trotzdem immer wieder Panik. Mittlerweile nehme sie auch Therapie in Anspruch. Außerdem trage sie einen Taschenalarm und Pfefferspray bei sich.
Verhnjak macht sich vor allem für Ersteres stark. „Der Alarm wird an der Handtasche befestigt und im Ernstfall zieht man einfach an. Der ist so laut, das tut richtig weh in den Ohren und erzeugt Aufmerksamkeit.“ Bei Selbstverteidigungswaffen, wie Pfefferspray oder Taser, scheitere es in der Praxis oft an der Handhabung: „Wir hatten Fälle, bei denen sich Opfer selbst außer Gefecht setzten, oder die Täter durch Suchtmittel nicht reagiert haben und dann noch aggressiver wurden.“
Laura B. findet jeden Präventionstipp der Polizei nützlich. Was sie sich aber zusätzlich wünschen würde, wäre eine bessere Opferberatung unmittelbar nach einem Vorfall. Zwar wurde sie damals sofort von den Beamten befragt, der Fokus lag aber auf Fahndung und Beweissicherung. „Mir wurden erst Wochen später die Kontakte zu Beratungsstellen geschickt. Ich leide bis heute unter posttraumatischen Belastungs- und Schlafstörungen. Gerade nach solchen Ereignissen braucht es also rasche Hilfe.“
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