Missbrauch: Das "Monster von Belvedere" wütete auch in Wien

Missbrauch: Das "Monster von Belvedere" wütete auch in Wien
Ein Missbrauchsskandal erschüttert derzeit Irland. Eine katholische Privatschule gibt zu, Fälle vertuscht zu haben – auch in Wien.

Tom Doorley war ein Kind, als ein Lehrer ihn wiederholt vor der ganzen Klasse lächerlich machte. Der Grund: Er sprach nur holprig Französisch. Bis heute spricht der mittlerweile 62-Jährige nur ungern vor mehreren Menschen. Doch Doorley hatte noch Glück – denn der Lehrer, Joseph Marmion, war nicht nur ein in der katholischen Privatschule gefürchteter Tyrann, sondern auch ein Pädophiler. Und das lebte er auch in Wien aus, wie nun bekannt wurde.

Der im Jahr 2000 verstorbene Jesuitenpriester unterrichtete in den 1970er-Jahren am prestigereichen Belvedere College in Dublin. Er war dort ein angesehener Mann. Für seine Kenntnisse der klassischen Musik und seine Sprachgewandtheit war er bekannt. Hinter vorgehaltener Hand erzählte man aber auch ganz anderes über den bulligen, groß gewachsenen Mann.

Jahrelang soll er junge Burschen vor Schulaufführungen in sein Büro geholt haben. Für „Kostüm-Anproben“ mussten sich die Kinder dort vor ihm ausziehen. Die Schulleitung reagierte lange nicht auf die Vorwürfe. 1978, Marmion unterrichtete zu diesem Zeitpunkt bereits seit knapp zehn Jahren an der irischen Privatschule, wurde er schließlich auf ein „Sabbatical“, also in eine Auszeit ins Ausland, geschickt.

Medialer Druck

Einer breiten Öffentlichkeit bekannt wurde der Fall gar erst im März dieses Jahres, als Doorley, mittlerweile ein international anerkannter Weinkritiker, in einer Serie von Artikeln unter dem Titel „Das Monster von Belvedere“ seine traumatisierende Schulzeit schilderte und sich in Folge immer mehr ehemalige Schüler meldeten.

Besonders verstörend: Hugh Mann (Name geändert, Anm.), einer jener Schüler, die auch sexuell missbraucht wurden, konfrontierte den Jesuitenorden bereits 2019 mit den Vorwürfen. Aber erst durch den medialen Druck der vergangenen Monate bezogen die Jesuiten öffentlich Stellung. Wie diese Woche bekannt wurde, ist der Fall mittlerweile in einem internen Bericht, der dem KURIER vorliegt, aufgearbeitet worden.

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