„Diverse Säugetierfelle“, steht auf einer weißen Box. Die daneben sind beschriftet mit „Spinnen und Insekten“, „Kleinvögel“ und „Muscheln“. Flaschen mit Leim, Arbeitshandschuhe und kleine Zangen liegen auf den Tischen. Es sieht fast aus wie in einer gewöhnlichen Werkstatt – stünden da nicht auch noch ein Moschusochse, Rentiere und ein Eisbär im Raum herum.
Besagter Eisbär ist der neue Star der zoologischen Präparation im Naturhistorischen Museum (NHM): „Die wenigsten Präparatoren in Österreich werden wohl jemals die Möglichkeit haben, einen Eisbären zu bearbeiten“, sagt Ernst Mikschi, Direktor der Abteilung. Eine Besonderheit also für die Spezialisten – aber auch für das Publikum: Denn das Tier wird bei der Sonderausstellung „Arktis. Polare Welt im Wandel“ ab 8. November im NHM ausgestellt.
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„Der Eisbär steht wie kaum ein anderes Tier für den menschengemachten Klimawandel“, erklärt NHM-Generaldirektorin Katrin Vohland. Für die Robbenjagd brauchen Eisbären geschlossene Packeisflächen, wo sie an den Löchern auf das Auftauchen ihrer Beute warten. Doch das Eis wird dünner, was die Jagd erschwert.
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Der Eisbär, der ab November im Rahmen der Ausstellung zu besichtigen ist, war eigentlich eine Eisbärin namens Nora: Sie wurde 2013 im Zoo von Tallinn in Estland geboren. 2017 kam sie in den Tiergarten Schönbrunn, wo sie 2019 ein Jungtier bekam. Am 9. Oktober 2022 musste sie aufgrund einer akuten Kolik eingeschläfert werden.
Auf Probleme aufmerksam machen
„Wir sind natürlich traurig, wenn ein Tier stirbt“, sagt Folko Balfanz, zoologischer Kurator in Schönbrunn. Doch als Präparat im NHM könne die Eisbärin auf die Probleme ihrer Art aufmerksam machen: „In der Arktis sind die Temperaturen um vier Grad gestiegen. Klimawandel, Umweltverschmutzung, die Suche nach Öl und Gas, aber auch der Tourismus bedrohen den Lebensraum“, erklärt Balfanz.
Innere der Bärin ist aus PU-Schaum
Mit „Kunstfertigkeit und wissenschaftlicher Genauigkeit“ habe man in vier Wochen ein naturgetreues Abbild erschaffen, so Mikschi. Das Innere des Bären ist aus PU-Schaum, „die einzigen Knochen sind in den Zehen“. Die aufrechte Haltung habe man aus pragmatischen Gründen gewählt: „Dann braucht der Bär weniger Platz“, sagt Mikschi und lacht. Immerhin ist er 2,11 Meter groß.
Neben der Bärin finden sich in der Werkstatt auch Schneehasen, ein Arktischer Wolf sowie eine Robbe („man könnte auch sagen: ein Gabelbissen für Eisbären“, scherzt Mikschi). Auch sie wird man bei der Ausstellung bewundern können. Ebenso wie einen vier Meter langen Belugawal: „Wir kriegen natürlich keinen echten Wal, daher müssen wir hier ein Modell zeigen“, erklärt Mikschi.
Ganz im Sinne des Natur- und Artenschutzes ist der Wal übrigens aus einem speziellen, umweltfreundlichen Papiermaché, betont Mikschi: „Er kann komplett verrotten, nur die Glasaugen bleiben übrig.“
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