Größeres Revier für Scooter-Sheriff
Auf der Donauinsel sorgen die Grillplatzmeister für Ordnung auf den öffentlichen Grillplätzen. Im Volksgarten gibt es eine Parkaufsicht, im Belvederegarten ab September sogar zwei davon. Die Waste Watcher sorgen seit 13 Jahren für die Einhaltung der Sauberkeitsregeln – etwa, dass man keine Zigarettenstummel auf den Boden werfen darf und auch, dass der Hundekot richtig („Sackerl fürs Gackerl“) entsorgt wird. In Wien ist man also an „Aufpasser“ gewöhnt.
Seit zwei Monaten gibt es einen neuen Wächter: den sogenannten Scooter-Sheriff. Erfunden wurde er von der Wiener Wirtschaftskammer – gemeinsam mit dem Leihroller-Anbieter Lime.
Der Grund dafür: die E-Scooter sorgen für Probleme. Denn die Nutzer stellen sie nach der Fahrt oft falsch ab (siehe Infokasten oben). Manchmal werden die Roller sogar einfach auf den Boden geworfen. Das ist mühsam und gefährlich: Für Fußgänger, die über die Roller stolpern zum Beispiel. Und für Menschen mit Behinderungen oder Kinderwagen, die auf schmalen Gehsteigen nicht an den Scootern vorbeikommen.
Im 1. Bezirk leiden vor allem Geschäftsinhaber darunter, dass Passanten wegen der Roller nicht mehr ungestört einkaufen können. Aus diesem Grund startete man ein Pilotprojekt: Seit 28. Mai fährt drei Mal pro Woche ein eigens angestellter „Scooter-Sheriff“ durch das Stadtzentrum und parkt falsch abgestellte Scooter um. Beschäftigt wird er als Leiharbeiter von Lime – somit ist er auch nur für Lime-Roller zuständig.
Abstellen
Scooter dürfen nur auf mindestens 4 Meter breiten Gehsteigen abgestellt werden. Die Aufstellung muss fahrbahnseitig im rechten Winkel zum Gehsteigrand erfolgen
Verbot
Rund um Bauwerke mit kultureller Bedeutung dürfen Scooter nicht abgestellt werden. Das gilt auch für Grünanlagen, ausgenommen sind Fahrradständer
1.500 Scooter pro Anbieter
Das ist die maximale Anzahl an Geräten, die pro Verleiher vermietet werden darf. Die Betreiber müssen der Stadt täglich bis 7 Uhr melden, wo sie wie viele Scooter aufstellen
Zwei-Stunden-Regel
Anbieter müssen falsch abgestellte Scooter werktags zwischen 6 und 18 Uhr innerhalb von zwei Stunden entfernen
Kein Handy
Im Straßenverkehr gelten die Vorschriften wie für Radfahrer. Telefonieren ist nicht erlaubt. 0,8 Promille ist das Alkolimit
„Die erste Bilanz der Unternehmer in den Einkaufsstraßen im 1. Bezirk ist sehr positiv“, sagt dazu Dieter Steup, Obmann der Wirtschaftskammer für den 1. Bezirk. Deshalb soll das Projekt beibehalten und ausgerollt werden.
Runder Tisch
Aus anderen Bezirken gibt es bereits Interesse daran: Stark frequentierte Orte wie der Donaukanal, der Prater, der Karlsplatz und die Mariahilfer Straße würden sich dafür anbieten, so Steup. Und auch im 1. Bezirk will er das Projekt ausbauen: Steup fordert einen Ordnungsdienst, der täglich unterwegs ist und sich um die Scooter aller fünf (siehe Grafik) in Wien existierenden Anbieter kümmert. Schon im September soll all das fixiert werden, sagt Steup.
Der nächste Schritt in diese Richtung nun ein runder Tisch mit allen Entscheidungsträgern. Das Interesse der Wirtschaftskammer sei, die Existenz von neuen und alten Geschäftsmodellen zu vereinen.
1.000 Meldungen
Auch der Anbieter Tier hat bereits ein eigenes Kontrollsystem etabliert. Wenn die Akkus der Roller getauscht werden, kontrollieren die Mitarbeiter, ob die Scooter korrekt geparkt wurden – und positionieren sie bei Bedarf um. „Wir bekommen viele Beschwerden über die Sag’s- Wien-App herein“, sagt Tier-Chef Maximlian Nageler. In der Zeit von Mai 2020 bis Mai 2021 wurde etwa 1.000 Mal per App gemeldet, dass in Wien ein Scooter falsch steht. „Realistisch betrachtet bräuchte man für die ganze Stadt bis zu 20 Wächter“, sagt Nageler. Er zweifelt daran, dass – so wie von Steup gewünscht – ein Sheriff für alle Anbieter funktionieren kann. „Das könnte an der Kooperation der Anbieter scheitern.“
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