E-Roller als Stolperfalle für Sehbehinderte: Platz für Parkplätze fehlt

E-Roller als Stolperfalle für Sehbehinderte: Platz für Parkplätze fehlt
Der Blindenverband fordert strengere Regeln. Die Stadt Wien kündigt ein Konzept an. Für ein „Parkplatz“-Modell brauchen die Betreiber mehr Platz.

Entsperren, aufsteigen, losrollen – und wieder irgendwo  abstellen. So einfach könnte die Handhabung von Leih-E-Rollern sein. Ist sie aber nicht. Besonders um das  Parken gibt es anhaltende Kritik. Falsch abgestellte Scooter sind echte Stolperfallen. Für alle. Ganz besonders aber für blinde und sehbehinderte Menschen.

„Das Problem ist sehr groß. Immer wieder erhalte ich Beschwerden von Mitgliedern, die sich beim Zusammenstoß mit den Rollern verletzten und sogar ins Krankenhaus müssen“, sagt Kurt Prall, Obmann des Blinden- und Sehbehindertenverband Wien. Die Dunkelziffer sei wohl noch deutlich höher.  Er selbst stolpere oder verheddere sich fast monatlich in einem Roller, sagt Prall.

Keine Kontrolle

Richtig abgestellt sind E-Scooter laut Verordnung der Stadt Wien nur, wenn sie „rechtwinklig am fahrbahnseitigen Gehsteigrand“ stehen. Zusätzlich gelte  auf Gehsteigen, die weniger als vier  Meter breit sind, ein Abstellverbot.

E-Roller als Stolperfalle für Sehbehinderte: Platz für Parkplätze fehlt

Kritik vom Blindenverband gibt es dennoch: Kontrolliert werde die Verordnung  nämlich  kaum. Immer wieder würden E-Scooter  auf Blindenleitsystemen oder an Hausmauern abgestellt, sagt Prall.  Dabei seien das die zwei wichtigsten Orientierungshilfen für Sehbehinderte.

Eigene Aufklärungskampagnen, mit Flyern  oder Push-Nachrichten von der App der Betreiber, hätten bisher wenig gebracht. Der Appell an die Menschen sei zwecklos gewesen, nun sei die Stadt gefordert, sagt Prall. „Die Verordnung  ist zwar da, wenn sie aber nicht kontrolliert wird, ist sie zahnlos.“ Eine Lösung wäre, Parksheriffs die Verordnung kontrollieren zu lassen, sagt Prall.

 

E-Roller als Stolperfalle für Sehbehinderte: Platz für Parkplätze fehlt

Strengere Regeln oder eine neue Verordnung würden auch die Betreiber begrüßen.  Am sinnvollsten seien  ausgewiesene Parkplätze,  sagt Patrick Grundmann, Pressesprecher vom Betreiber „Tier Mobility“. „Dafür müssten  gegebenenfalls  Autoparkplätze aufgelöst werden“, sagt er. Parkplätze für Scooter seien nämlich nur dann sinnvoll, wenn sie an jeder Ecke oder alle 100 bis 200 Meter zu finden sind.

Platzmangel

Ähnlich ist die Situation bei „Lime“. „Das grundsätzliche Problem in Wien ist der Mangel an öffentlichem Freiraum und der übermäßige Flächenverbrauch für das Auto“, teilt das Unternehmen   mit. Zwar gäbe es bereits einige ausgewiesene Abstellflächen. Eine verbindliche Nutzung könne  aber erst ausgesprochen werden, wenn es eine ausreichende Dichte an Plätzen gäbe. Bisher versuche man die Nutzung  durch Gutschriften zu fördern, heißt es.

 

Es fehlt also vor allem an einem: Platz. Markus Figl, ÖVP-Bezirksvorsteher der Inneren Stadt, sieht das ähnlich, zieht aber andere Konsequenzen: Parkplätze für Roller könne er sich  nicht vorstellen. Viel eher müsse die Zahl der Leih-E-Scooter dezimiert werden. Zudem sollten die Unternehmen die Anzahl ihrer bereits vorhandenen Sheriffs, die umgefallene und falsch geparkte Roller fachgerecht abstellen, erhöhen, sagt Figl. 

E-Roller als Stolperfalle für Sehbehinderte: Platz für Parkplätze fehlt

In Le Havre (unten) läuft die Uhr weiter, wenn die Nutzer die Scooter nicht richtig parken

Auch in anderen Städten ist das Hauptthema der Platz. Weder in Graz noch in Salzburg sollen daher in naher Zukunft Leih-E-Roller eingeführt werden. „Bei uns in der Innenstadt wimmelt es eh schon. Da bleibt einfach kein Platz“, sagt die Salzburger Stadträtin Martina Berthold (Die Grünen).

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In Leipzig gibt es nur wenige Abstellflächen.

In der Wiener Stadtregierung ist man sich der Probleme bewusst – und verspricht, sich im Herbst des Themas anzunehmen. Man werde ein Konzept vorlegen, heißt es aus dem Büro der zuständigen Verkehrsstadträtin Ulli Sima (SPÖ). Ob es eine „Parkplatz“-Lösung wie in anderen Städten gibt, sei jedoch noch unklar. Man führe derzeit Gespräche. 

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