Drah di ned um: Warum Detektive im Gemeindebau unterwegs sind
Ein Fall von vielen, und es ist nicht die Aufsehen erregende Story des Multimillionärs Sigi Wolf: Jemand bezieht in den 1990er-Jahren eine Wohnung der Stadt Wien. Bald lernt er seine Frau kennen, Kinder kommen zur Welt, die junge Familie kann es sich leisten und zieht in das ganzjährig bewohnbare Haus in einer Kleingartensiedlung um.
Zwar wird die Miete für ihre Gemeindebauwohnung weiterhin fristgerecht bezahlt, doch bleibt sie praktisch über die Jahre unbewohnt.
Warum man das bei Wiener Wohnen so genau weiß?
„Weil wir eine private Wiener Detektei mit der Observierung beauftragt haben“, erläutert Andrea Janousek, Sprecherin der städtischen Wohnhausverwaltung. Seit Juni 2021 sind die Detektive 330-mal ausgerückt, um zu prüfen, ob der Verdacht von Nachbarn oder Mitarbeitern von Wiener Wohnen stimmt oder nicht.
Detektive wollen - natürlich - unerkannt bleiben
„Zumeist geht es um die Nichtbenutzung oder illegale Untervermietung“, so Andrea Janousek. Gerne hätte man für diesen Bericht Detektive bei ihrer diskreten Arbeit im Gemeindebau begleitet, doch die wollen berufsbedingt so unerkannt wie nur möglich bleiben.
„Das ist auch der Grund, warum wir auf ihre Dienste vertrauen“, erklärt die Sprecherin von Wiener Wohnen. „Unsere Mitarbeiter werden leichter erkannt und stehen auch nicht zu den Randzeiten des Tages und am Wochenende zur Verfügung.“
Niemand wird bespitzelt
Wichtig ist Janousek der Hinweis, dass niemand im Gemeindebau bespitzelt und dann rausgeschmissen wird: „Ermittelt wird nur bei einem konkreten Verdacht, und zu entscheiden hat am Ende ein unabhängiges Gericht.“
13.000 Antragsteller warten auf eine leistbare Wohnung
Hintergrund für diese auf den ersten Blick eher außergewöhnliche Kooperation ist der zunehmende Bedarf an leistbaren Wohnungen, auch in der Bundeshauptstadt. So warten 13.000 Antragsteller mit einem Wohnticket auf eine städtische Wohnung.
Das mag in Relation zu den rund 500.000 Wienern und Wienerinnen, die in einem Gemeindebau wohnen, nicht allzu viel sein. Dennoch geht es – so Andrea Janousek – auch um mehr Fairness.
Die Statistik der Detektive sollte jedenfalls jenen, die ihre Mietwohnung länger nicht bewohnen oder auch an andere illegal vermieten, zu denken geben: Für ein Drittel der von ihnen bearbeiteten Fälle liegt bereits ein Urteil vor, und das folgt in der Regel der Anklage.
Wohnrecht ist grundsätzlich ein hohes Gut. Dessen ganz ungeachtet dürfen Mieter(innen) ihre Wohnungen weder untervermieten noch allzu lange leer stehen lassen. Aus gutem Grund.
Wohnticket: Rund 13.000 Wiener(innen) warten mit einem Wohnticket auf das Freiwerden einer Wohnung der Stadt Wien.
500.000 Menschen wohnen in Wien in 220.000 Gemeindebauwohnungen in 1.800 Wohnhausanlagen.
Vernadert man Nachbarn, wenn man einen Leerstand an Wiener Wohnen meldet?
Die Sprecherin verneint das grundsätzlich, bittet aber darum, nicht aus Jux und Tollerei aktiv zu werden (Anruf unter 05 75 75 75).
Zuvor sollte man sich eventuell noch mit den Nachbarn und/oder mit dem Hausbesorger (so es noch einen gibt) absprechen.
Detektive können auch Strom- und Gaszähler prüfen
Entscheidend ist für das Gericht die Frage, wo die Mieter den Lebensmittelpunkt haben. Ein Indiz dafür sind auch die Zähler für Strom und für Gas. Zu diesen haben übrigens auch die Detektive, die mit einer speziellen Genehmigung von Wiener Wohnen ausgestattet sind, stets Zutritt. Auch Nachbarn dürfen sie jederzeit befragen oder andere Wohnsitze rund um die Uhr observieren.
Gerichtskosten können für Mieter sehr teuer werden
Jener Mieter, der bereits seit Langem in einem Kleingartenhaus wohnt und die Gemeindebauwohnung für die Tochter behalten wollte, hat den Prozess und damit auch die Wohnung verloren, was für die Familie nicht so tragisch war, weil die Tochter bereits woanders wohnte. Ins Geld gingen jedoch für den Mieter die Gerichtskosten.
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