Dorotheum: Villen-Interieur aus Döbling unter Hammer

Paar Sockelvasen mit Porträts Kaiser Franz I und Kaiserin Karoline Auguste. Startpreis 800 Euro
Eine bürgerliche Familie aus Wien versteigert den Inhalt einer Döblinger Villa.

"Man spürte in dieser Villa das Bedürfnis nach elegantem und großbürgerlichem Wohnen", sagt der Dorotheum-Experte, der die Sammlung betreut. Zur Versteigerung kommt der gesamte Inhalt einer dreistöckigen Wiener Villa aus Döbling. Wer der Besitzer war, bleibt geheim.

Interessenten gebe es bereits einige, auch aus Italien und Deutschland. "Die Möbel, vor allem Wiener Biedermeier sind beliebt, denn sie haben eine gewisse Leichtigkeit und passen auch heute noch in jede moderne Wohnung", erklärt Dorotheum-Experte Alexander Doczy.

Dorotheum: Villen-Interieur aus Döbling unter Hammer

Ranftbecher

Ranftbecher mit Stephansdom, Anton Kothgasser, Wien um 1820-30

Dorotheum: Villen-Interieur aus Döbling unter Hammer

Bild von Rudolf Alrt

Wien 1812-1905:  Blick in den Stephansdom in Wien mit dem Orgelfuss des Meister Pilgram, signiert und datiert von Rudolf Alt. (7.000 Euro)

Dorotheum: Villen-Interieur aus Döbling unter Hammer

Wiener Biedermeier Marmorkaminuhr "Die Lesende"

"Dorer in Wien", nach dem Entwurf von J-A Reiche, Federzug Tageswerk, Ankerhemmung. (ab 1.300 Euro)

Insgesamt werden 400 Kunstgegenstände aus dem 17. bis 19. Jahrhundert versteigert. Die Online-Auktion "Wiener Sammlung" findet am 23. März 2023 statt. Gesammelt wurde wohl mit "großer Leidenschaft", heißt es aus dem Dorotheum.  Unter den Objekten findet man nicht nur hochwertige Möbel, Gemälde, sondern auch eine Fülle an Antiquitäten: Neben Skulpturen, Porzellan, Tafelsilber, Militaria, Tabatieren und orientalischen Teppichen finden sich dabei auch einige ungewöhnliche Stücke: Dazu gehören eine Schneeballblütentasse aus Meissener Porzellan, datiert auf 1740/45, deren Äußeres mit winzigen rosa-weißen Porzellanblüten belegt ist (Startpreis € 1.500), oder auch ein spätbarockes Essbesteck, das in einem Lederetui verstaut werden kann (€ 500). 

Wiener Silber

Viele Gegenstände wurden auch im Keller des Hauses entdeckt. Vieles war in Schränken penibel aufbewahrt, heißt es. Dort befand sich vor allem sehr viel Silber. Darunter etwa auch "Wiener Silber". Woran man etwa erkenne, dass ein Tablet ein "Wiener Tablet" sei? "Aufgrund der Repunze, also des Stempels", erklärt der Experte. Das teuerste Objekt der Versteigerung sei das Triptychon "Bayerische Schule" (um 1475). Das erste Gebot steht hier bereits bei 11.000 Euro.

Die "Wiener Sammlung" sei auch ein gutes Beispiel für alte Sammlungen, nicht unbedingt von adligen Familien. Auch großbürgerliche Familien wollten leben "wie ein Kaiser". "Man imitierte das Leben", sagt der Experte im Gespräch mit dem KURIER. 

Dorotheum: Villen-Interieur aus Döbling unter Hammer

Triptychon aus dem Jahr 1475 - Mittelbild: Madonna mit Kind und den Heiligen Lambertus und Ägidius; Seitenflügel geöffnet: Die Anbetung Christi, Die Anbetung der Könige; Seitenflügel geschlossen: Mariä Verkündigung, Öl auf Holz, 78 x 132 cm (Gesamtmaße bei geöffneten Flügeln), gerahmt. (GS)

Portrait einer Künstlertochter

Unter den Gemälden der Wiener Sammlung befinden sich einige Werke österreichischer Biedermeier-Künstler, unter anderem ein Bild Johann Baptist Reiters (Urfahr, heute Linz 1813–1890 Wien) mit persönlichem Sujet: Die Darstellung zeigt die Tochter des Malers, Lexi, die den Betrachtenden entgegenlacht, im Haar eine Krone aus Weinlaub (4.000 Euro).

Lexi stand ihrem Vater Johann Baptist Reiter sehr nahe, sie war seit ihrer Kindheit ein wiederkehrendes Modell seiner Gemälde. Nachdem die Tochter 1883 mit 19 Jahren an einer Lungenentzündung starb, gab der Künstler die Malerei beinahe vollständig auf. Reiter malte das Sujet der Lexi mit Weinlaub im Haar mehrmals, eines der Bilder befindet sich heute im Wiener Belvedere. 

Dorotheum: Villen-Interieur aus Döbling unter Hammer

Lexi, die Tochter des Künstlers mit Weinlaub im Haar, Öl auf Leinwand, 54 x 43 cm, € 4.000; 

Hochadelige Provenienz

Zu den Besonderheiten der Sammlung gehört das Porzellan- und Silbergeschirr. Die Namen der teils hochadeligen Vorbesitzer sind wohlbekannt: So prangt auf einem umfassenden Fayence-Service, datiert auf das Ende des 19. Jahrhunderts, das Kinsky-Wappen (2.000 Euro). Aus dem Besitz der Fürsten Hohenlohe stammt ein Wiener Dessertbesteck aus vergoldetem Silber (2.000 Euro).
 

Dorotheum: Villen-Interieur aus Döbling unter Hammer

Service mit dem Wappen der Fürsten (Grafen) Kinsky, Faïencerie de Gien. Ende 19. Jahrhundert

Ebenfalls aus vergoldetem Silber ist ein reich verzierter Weinkühler mit dem Wappen der Grafen Esterházy (2.000 Eruo). Auf dem aufwändig reliefierten Gefäß ist ein deutsches Beschauzeichen zu erkennen, es lässt sich um das Jahr 1870 datieren. Aus derselben Zeit stammt eine Berliner Tafelgarnitur aus dem Besitz der Grafen Henckel von Donnersmarck, die das Meisterzeichen „Friedeberg“ trägt (2.800 Euro).

Wie hoch der Erlös der Versteigerung sein wird, sei schwer einzuschätzen. Der zweite Teil der „Wiener Sammlung“ wird am 25. April 2023 versteigert.

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