„Insel“ ist der zwar wenig kreative, aber doch liebevolle Kosename für die Donauinsel. Gerade im Sommer ist sie als Naherholungsgebiet nicht mehr wegzudenken. Vor 50 Jahren wurde sie errichtet – damals von Kritikern wenig schmeichelhaft als „Pissrinne“ bezeichnet.
Die Einrichtung, bei der heute gebadet, geskatet und gefeiert wird, war 1972 ursprünglich als Start des Projekts Donauhochwasserschutz für Wien gedacht. Am Freitag wurde dieses „Jahrhundertprojekt“, wie die für den Hochwasserschutz zuständige Stadträtin Ulli Sima (SPÖ) es bezeichnet, abgeschlossen.
In Niederösterreich wurde beim Machfeldschutzdamm der Schlussstein gelegt. Damit hat Wien die Vereinbarungen des 15a Vertrags mit dem Bund zum Hochwasser-Schutz erfüllt. „Mit dem heutigen Tag sind die Verpflichtungen Wiens für Hochwasserschutzmaßnahmen in Niederösterreich erledigt“, sagt Sima.
Gekommen waren neben der roten Stadträtin Sima auch die grüne Klimaschutzministerin Leonore Gewessler und Niederösterreichs türkise Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner. Hochwasserschutz, so scheint es, ist ein über die Parteigrenzen hinweg verbindendes Thema. So war es allerdings nicht immer.
Tatsächlich ging es im Vorfeld der Donauinsel-Entscheidung heiß her. Die hitzigen Debatten, wie man Wien vor eine Flutkatastrophe schützen könne, starteten bereits 1954 – damals gab es in Wien ein verheerendes Hochwasser.
Koalitionsbruch
20 mögliche Projekte wurden in den nachfolgenden 15 Jahren eingereicht. Die Volkspartei konnte sich zwar mit der favorisierten Idee der Neuen Donau nicht anfreunden, die SPÖ konnte aber trotzdem mit Unterstützung der FPÖ im Jahr 1969 den Beschluss durchsetzen.
Der Baustart 1972 führte allerdings zu einem Koalitionsbruch, weil die Stadtschwarzen den nach wie vor ablehnten.
Noch 1974 plakatierten sie „Die Stadt ist krank“ und bezeichneten die Donauinsel als Spaghetti-Insel oder Fadennudel aufgrund des lange fehlenden Gestaltungskonzepts. Das Projekt wurde trotz des Widerstands umgesetzt.
Schon während der Bauarbeiten wurde am Ufer gegrillt. Ein kurioses Detail: Das allererste Donauinselfest fand bereits 1983 auf einem für die Öffentlichkeit freigegebenen Teil der noch unfertigen Insel statt – die Insel wurde erst fünf Jahre später fertiggestellt. Daher ist das Donauinselfest mit 39 Jahren älter als ihre 34-jährige Heimat. Durch die Donauinsel habe Wien die extremen Hochwasserereignisse 2002 und 2013 praktisch unbeschadet überstanden, sagt Sima.
Das liege unter anderem daran, dass der Hochwasserschutz in Wien für eine Durchlaufkapazität von bis zu 14.000 Kubikmeter Wasser pro Sekunde errichtet wurde. Das entspricht in etwa dem größten jemals in Mitteleuropa gemessenen Hochwasser von 1501 bzw. einem Hochwasser, das statistisch gesehen nur einmal in mehreren Tausenden Jahren vorkommt.
Bund investiert weiter
Der nun finalisierte Marchfeldschutzdamm ist zwar der Endpunkt des Wiener Großprojekts, landesweit gehen die Bemühungen aber weiter. Deshalb investiert der Bund zukünftig gemeinsam mit den Ländern und Gemeinden in weitere Projekte.
Für den Hochwasserschutz entlang der Donau werden weitere 222 Millionen Euro bis 2030 bereitgestellt, wovon der Bund die Hälfte trägt, so Gewessler. „Jüngste Unwetter machen weiter deutlich: Die Klimakrise, ihre Auswirkungen und Folgen sind bereits voll und ganz bei uns in Österreich angekommen“, sagt Gewessler. Darum brauche es regionale Maßnahmen.
Diese bergen oft eigene Herausforderungen: Die Bauarbeiten des abschließenden Damms befanden sich etwa teilweise im Nationalpark Donauauen, wo etwa die europäische Sumpfschildkröte Brutplätze hat. Daher mussten die Bauarbeiten unter strengen ökologischen Auflagen durchgeführt werden.
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