Wiener FPÖ-Chef Nepp: "Man muss sich nicht ständig distanzieren"
Der Wiener FPÖ-Chef Dominik Nepp arbeitet sich mit Vorliebe an den Chefs der anderen Stadtparteien ab – so auch im KURIER-Interview. Beim Thema Migration schlägt er gewohnt harte Töne an.
KURIER: Wohnen Sie gerne in Wien?
Dominik Nepp: Sehr gern. Ich bin hier aufgewachsen, bin hier zur Schule gegangen und plane auch nicht, von hier wegzugehen.
Wenn man der FPÖ zuhört, klingt es, als ob Wien eine katastrophale Stadt mit noch katastrophaleren Verhältnissen wäre. Wie passt das zusammen?
Da ich ein waschechter Wiener bin, weiß ich, wie sich Wien über die Jahre und Jahrzehnte hinweg verändert hat. Ich bin im 16. Bezirk in die Schule gegangen, in die Volksschule, und da gab es damals kein gröberes Problem mit Migranten. Wir wollen, dass Wien so sicher wird, wie es einmal war, dass es so sozial gerecht wird, wie es einmal war und es mit gewissen Postleitzahlen nicht notwendig ist, Kinder in Privatschulen zu schicken.
Auch in Ihrer Jugend gab es schon Migration.
Ich bin in den 80er- und 90er-Jahren in die Schule gegangen. Da gab es aufgrund der Jugoslawienkrise natürlich auch viele, die zu uns gekommen sind, aber die haben sich bestens integriert. Davor waren es zur Zeit meiner Eltern viele aus dem Osten Europas, die vor kommunistischen Regimen geflüchtet sind. Auch die haben sich hier perfekt integriert. Das ist also nicht das Problem. Das Problem ist, dass es 2015 eine enorme Zäsur gab, wo Hunderttausende Menschen nach Europa gekommen sind, die dann natürlich dort sesshaft bleiben, wo es am einfachsten ist, Sozialgelder zu bekommen.
Sie sprechen von einer Zäsur 2015. Die FPÖ hat sich vorher schon das Migrationsthema auf die Fahnen geheftet. Lohnt sich dieses nicht einfach, um Wählerstimmen zu bekommen?
Darum geht es nicht. Es geht darum, das Problem anzusprechen. Und ja, es gab selbstverständlich auch vorher im Bereich der Integration Probleme, aber das hat man so gut wie möglich gelöst. Natürlich gibt es auch noch schwarze Schafe von damals, aber was wir jetzt sehen, ist eine total andere Qualität von Zuwanderung unter dem Deckmantel des Asyls. Das sind Menschen, die sich mit uns nicht auseinandersetzen wollen, die wollen nicht die Sprache lernen, die wollen auch nicht Teil der Gesellschaft werden.
Politik
Dominik Nepp (41) wurde im Mai 2019 als Folge der Ibiza-Affäre zum Landesparteiobmann der FPÖ Wien designiert. Von 2018 bis 2020 war er Vizebürgermeister der Stadt, obwohl die FPÖ nicht der Regierung angehörte.
Privat
Nepp ist Mitglied der schlagenden Burschenschaft Aldania. Er ist verheiratet und hat zwei Töchter.
Was würden Sie ändern?
Man muss zuerst den Mut haben, zu sagen, was falsch gelaufen ist. Die Integrationspolitik in Wien, wo die SPÖ seit Jahrzehnten federführend ist, ist einfach gescheitert. Das Zweite ist, dass man sagt, wer sich nicht integrieren will, der muss auch wieder gehen. Und man muss so ehrlich sein und über die Genfer Flüchtlingskonvention diskutieren, die für politische Flüchtlinge innerhalb Europas gedacht war. Oder auch über die Europäische Menschenrechtskonvention, die fast 70 Jahre alt ist.
Sie wollen die Menschrechtskonvention abändern?
Jedes von Menschen gesetzte Recht kann ich auch wieder abändern. Hier braucht es Adaptierungen, um die nationalen Interessen und vor allem die Sicherheit für Staatsbürger in den Vordergrund zu stellen.
In Österreich und Deutschland gehen Menschen wegen des steigenden Rechtsextremismus auf die Straße. Was sagen Sie denn dazu?
Ich finde es immer interessant, wenn Regierende gegen die Opposition demonstrieren müssen. Normalerweise ist es ja immer umgekehrt. Das zeigt eine gewisse Hilflosigkeit der Regierenden. Man könnte ja den parlamentarischen Weg nehmen, um Verbesserungen für die Bürger zu finden.
Es waren hauptsächlich Bürger auf der Straße.
Es waren in Wien circa 40.000 Menschen vor dem Parlament. Bei zwei Millionen Einwohnern war ein Großteil der Bevölkerung nicht auf der Straße.
Müsste man als FPÖ nicht trotzdem eine Grenze bei den Identitären ziehen?
Die FPÖ ist die FPÖ, die Identitären sind die Identitären, die Kommunisten sind die Kommunisten, die SPÖ ist die SPÖ. Jeder weiß, wofür er selbst steht. Da braucht man sich nicht ständig von etwas zu distanzieren.
Gerade in Wien schließen alle anderen Parteien eine Regierung mit der Kickl-FPÖ aus. Würden Sie sich manchmal eine gemäßigtere Bundespartei wünschen, damit Sie auch einmal die Möglichkeit bekommen, zu regieren?
Es gibt nur eine FPÖ. Im Endeffekt schauen wir auf die handelnden Personen bei den anderen Parteien und wer nach der Wahl überhaupt noch am Ruder ist. Der Kanzler-Anspruch von Andreas Babler wird sich nach den jetzigen Umfragen nicht erfüllen, auch jener von Karl Nehammer nicht. Vielleicht setzen sich in den Parteien vernünftige Kräfte durch, die eben nicht die 30, 27 oder 32 Prozent der Wählerschaft im Vorhinein ausschließen. Das ist ja das eigentlich Antidemokratische.
Mit wem würden Sie am liebsten regieren?
Wichtig ist, dass man freiheitliche Positionen umsetzt, im Bereich der Sicherheit und des Grenzschutzes und beim Sozialen. Man wird nachher sehen, wer am meisten gewillt ist, diese erfolgreichen freiheitlichen Positionen mit uns gemeinsam umzusetzen.
Sie bezeichnen mit Vorliebe den Wiener ÖVP-Chef Karl Mahrer als Ihren besten Mann.
Ja. Möge er uns noch lange erhalten bleiben.
Nimmt er Ihnen nicht Stimmen weg, weil er sich auch auf das Thema Integration konzentriert?
Gar nicht. Ich verteidige ihn auch ständig bei internen Streitigkeiten der ÖVP. Walter Ruck von der Wirtschaftskammer Wien möchte ihn ja schon längst loswerden, weil er nicht so spurt. Mahrer soll ruhig auch unsere Themen bespielen, wichtig ist, dass sie medial vorkommen. Er macht es ja patschert und fällt mit komischen Videos auf, wo er Obdachlose filmt. Jeder, der eine harte Migrationspolitik haben will, geht zum Schmied und nicht zum Schmiedl und deswegen zur FPÖ.
Eine andere Bezeichnung, die Sie gerne nutzen: „Räuber Rathausplatz“ für Michael Ludwig. Was würden Sie anders machen, wenn Sie Bürgermeister wären?
Wenn ich 2025 Bürgermeister bin, werde ich innerhalb der ersten 48 Stunden eine Gebührenentlastung auf den Weg bringen. Dort, wo die Stadt direkt eingreifen kann, zum Beispiel bei der Miete im Wiener Gemeindebau, senken wir das Niveau wieder auf das von 2020 zurück, ebenso bei den Gebühren. Im Gemeindebau leben Menschen, die es eh nicht so gut haben. Da verstehe ich nicht, wie herzlos man hier schon wieder den Richtwertmietzins erhöht.
Wenn man Gebühren und Mieten senkt, muss das Geld woanders herkommen. Wie soll das funktionieren?
Da gibt es in Wien viele Möglichkeiten. Wenn man allein diese ganzen Projekte von Bürgermeister Ludwig hernimmt, die bis jetzt viel Geld gekostet haben, aber noch nichts gebracht haben. Zum Beispiel dieses Desaster der neuen Eventhalle, wo man jetzt wieder zurück an den Start muss, weil die Ausschreibung nicht funktioniert hat. Wir hatten auch in der Vergangenheit Großprojekte, wo man viel Geld hätte einsparen können, wie das Krankenhaus Nord, das statt prognostizierten 650 Millionen jetzt 1,4 Milliarden kostet.
Kanzler Karl Nehammer will das Binnen-I verbieten. Nutzen Sie es?
Das Binnen-I, nicht ausgesprochene Sternchen und Pausen halte ich für nicht praktikabel und es klingt komisch. Für mich gibt es grundsätzlich nur zwei Geschlechter: Mann und Frau, und es gibt nichts dazwischen. Und genau deswegen verwende ich meistens die männliche und die weibliche Form, also „Sehr geehrte Damen und Herren“. Wer etwas anderes will, möge zu den Grünen gehen und dort in Workshops Schnalzlaute entwickeln.
Für welches Thema würden Sie auf die Straße gehen, um zu demonstrieren?
Das ist eine gute Frage. Ich glaube, wenn es darum geht, Bürgerrechte einzuschränken. Aber als gewählter Politiker thematisiere ich das, was ich auf der Straße höre, im Rathaus, um es dann auf die parlamentarische Bühne zu heben.
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