Das Timing hätte nicht besser sein können. Just als GesundheitsstadtratPeter Hacker (SPÖ) am Donnerstag die neue Station der Berufsrettung im Krankenhaus Nord eröffnete, wurde der nächste organisatorische Notfall im krisengeschüttelten Krankenhaus bekannt: Der Verwaltungsdirektor des Spitals nimmt überraschend seinen Hut. Hintergrund sind offenbar, wie berichtet, schwere Probleme bei der Gehaltsauszahlung: Mitarbeiter haben über einen längeren Zeitraum zu geringe oder gar keine Zulagen bekommen.
Die letzte von unzähligen Pannen, die das Großspital seit dem Baubeginn 2012 begleiten und bereits die Staatsanwaltschaft, den Rechnungshof, eine U-Kommission und Kabarettisten beschäftigten.
Ein Überblick über die vielen Skandale des Spitals
Management-Versagen Als einen der Hauptgründe für die massiven Verzögerungen (Eröffnung 2019 statt 2016) und den erheblichen Mehrkosten (1,3 Milliarden Euro statt 954 Millionen Euro) identifiziert der Rechnungshof das Versagen des Krankenanstaltenverbunds (KAV) in seiner Rolle als Bauherr: Der KAV konnte demnach keine stabile, durchgängige Projektorganisation gewährleisten, ihm fehlten Ressourcen zur Wahrnehmung der Bauherrenfunktion und ausreichendes internes Know-how. Darauf hat der KAV inzwischen reagiert und eine eigene Baugesellschaft für künftige Bauprojekte errichtet.
Statik falsch berechnet Die ersten Störungen traten schon sehr früh auf der Baustelle auf: Ab November 2012 waren die Pläne für die Statik derart mangelhaft, dass sie teilweise mehrfach überarbeitet werden mussten, stellte der Rechnungshof fest. Dadurch verzögerten sich die Rohbauarbeiten deutlich. Zum Teil wurden die Fehler nicht rechtzeitig erkannt, weshalb bereits betonierte Wände wieder abgerissen werden mussten. Im Juni 2015 brachte der KAV eine Klage gegen den Planer ein.
Pleite einer Fassaden-Firma Im Jänner 2014 wurde eine Firma der ARGE Fassade insolvent. Die verbliebene Firma konnte den Auftrag nicht bewältigen. Es kam zu weiteren Verzögerungen und erhebliche Schäden aufgrund von eindringendem Niederschlag. Um den finanziellen Schaden so gering wie möglich zu halten, überlegte der KAV einen Baustopp, was aber letztlich verworfen wurde. Rückblickend wäre laut Rechnungshof eine Bauunterbrechung aber die wirtschaftlichere Option gewesen.
Brunnen-Debakel Der KAV plante 2012 die thermische Nutzung von Grundwasser für die Heizung und Kühlung des Spitals, wofür er auch die Genehmigung der zuständigen Behörden erhielt. Zwei Jahre später stellte sich aber heraus, dass der Brunnenbau die Altlastensicherung in der nahe gelegenen Pilzgasse gefährden würde. Das bereits sehr weit fortgeschrittene Projekt musste eingestellt werden. Für den KAV entstand dadurch ein Schaden von rund 610.000 Euro.
Bauzaun-Affäre Im Zuge der Prüfung durch den Rechnungshof wurde bekannt, dass dem KAV für die Wartung eines Bauzaunes Mehrkosten von nicht weniger als 826.000 Euro im Vergleich zum Zweitbieter angefallen waren. Immerhin: Mittlerweile konnte der KAV diese Summe zurückholen.
Energetiker-Skandal Diese Causa verursachte zwar einen vergleichsweise geringen finanziellen Schaden, sorgte aber aufgrund ihrer Skurrilität für besonders hohes Aufsehen: Im März 2018 wurde bekannt, dass für 95.000 Euro ein Energetiker beauftragt wurde, der unter anderem einen energetischen Schutzring rund um das Krankenhaus errichtete. Der Ring sollte verhindern, „dass negative Energien des Umfeldes Einfluss auf das Haus und die Menschen nehmen“. Als Folge wurde die Programmleiterin sowie deren Stellvertreterin suspendiert. Weiters wurde der Beratervertrag mit der ehemaligen interimistischen Ärztlichen Leiterin aufgelöst. Die enge Vertraute der früheren SPÖ-Gesundheitsstadträtin Sonja Wehsely soll eine wesentliche Rolle in der Beauftragung des Energetikers gespielt haben. In der Causa kam es zu strafrechtlichen Ermittlungen, die bis heute noch nicht abgeschlossen sind.
Personalmangel Noch während der Bauphase stellte sich Anfang 2018 heraus, dass es dem KAV nicht gelungen war, ausreichend Technik-Mitarbeiter rekrutieren zu können. Deshalb wurde eine externe Ausschreibung erforderlich. Die Probleme setzten sich nach der medizinischen Inbetriebnahme im Juni 2019 fort. Obwohl laut KAV mit Ende September der Vollbetrieb des Spitals erreicht wurde, fehlen derzeit noch zahlreiche medizinische Mitarbeiter. Allen voran drei bis vier Fachärzte in der Kinder- und Jugendpsychiatrie, weil es auf dem Markt derzeit zu wenig Mediziner mit entsprechender Ausbildung gibt. Im neuen Zentral-OP fehlen wiederum Pflegekräfte, weshalb derzeit wie berichtet zwei der 16 OP-Säle gesperrt sind. Personal-Engpässe soll es auch in der Kinderabteilung und in der Zentralen Notaufnahme geben.
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