Die recycleten Enzis im Wiener Museumsquartier im Test
Die beiden neuen „Enzi“-Hofmöbel stehen seit kurzem im Haupthof des Museumsquartiers im 7. Bezirk und unterscheiden sich äußerlich nur durch Farbe und Sauberkeit von den 76 älteren Modellen, die sich im MQ verteilen.Trotzdem trauen sich in den ersten Tagen wenige Wiener auf das blaue und das weiße Enzi, die direkt vor dem Wasserbecken positioniert wurden und fläzen sich lieber auf den alten.
Vielleicht liegt es am MA48orange in dem die "alten" Enzis heuer erstrahlen, das ihnen besonders gut steht. Vielleicht liegt es daran, dass die neuen Enzis ohne Beschattung in der prallen Mittagssonne stehen.
Vielleicht spüren die Wiener aber auch instinktiv, dass an den Prototypen etwas anders ist. In diesem Fall liegen sie richtig. Das Material der neuen Enzis ist anders zusammengesetzt: Bisher wurden die Enzis zu 100 Prozent aus Polyethylen hergestellt – zu 100 Prozent recyclebar, trotzdem neu geschaffenes Plastik. Anders bei den Prototypen, bei ihnen setzt man auf Material, das zu 70 Prozent aus Recyclat von Getränkekartons besteht. Das Material beeinflusst dann bei der Produktion die Farbe des Enzis.
Entwickelt wurden die ressourcenschonenderen Prototypen vom Architekturstudio PPAG, Anna Popelka und Georg Poduschka, die schon die Original-Enzis 2002 erfanden. Die Hofmöbel mit ihren wechselnden Farben haben sich seither zu einem Markenzeichen Wiens entwickelt und standen als Werbung für die Stadt in vielen europäischen Städten.
Für eine Saison
Begründet ist die Vorsicht der Wiener bei den neuen Enzis nicht. Beim Sitztest erweisen sie sich als genauso komfortabel wie die alten. Die Form ist gleich, der Wasserablauf wo er hingehört, der Liegekomfort vorhanden. Ihr Vorteil: Während die MA48-Enzis schon ein grau-brauner Schmutzfilm schmückt, sind die Prototypen fast unberührt. Man kann man sie anfassen, ihre riffelige Kunststoff-Oberfläche wertschätzen und sich mit heller Hose ohne Angst vor Flecken auf ihnen ausbreiten.
Gelegenheit dazu dürfte man aber maximal bis zum Wochenende haben. Dann müssen die Enzis den ersten Härtetest der Schuhe, Snacks und Bier-Dosen der feierfreudigen Jugend überleben.
Auf den Prüfstand werden die Enzis während einer Saison nicht nur von Besucherinnen und Besuchern des Museumsquartiers gestellt, sondern auch von Sonne, Wind und Wetter. Die Direktorin des MQs, Bettina Leidl, sieht die „grünen Enzis“ als Botschafter eines nachhaltigen MQs – sofern sie den Praxistest überstehen.
Beliebt bei Touristen
Im Gegensatz zu den vorsichtigen Wienern nehmen Touristen die neuen Enzis gut an. Kinder posen für Erinnerungsfotos darauf und lassen sich mit dem Leopold Museum im Hintergrund ablichten. Zwei Frauen liegen zum Verschnaufen auf dem weißen Prototyp. „Das ist sehr schön, dass man hier die Beine hochlegen kann, das hat man nicht überall“, meint eine der beiden Touristinnen aus Deutschland. So wirklich erkennen sie den Unterschied zu den anderen Enzis im Hof nicht, aber dass es recyceltes Material ist, finden beide gut.
Kurz darauf legen sich zwei Männer aufs weiße Enzi. Auch sie sind Deutsche, auch sie erkennen den Unterschied nicht so recht: „Plastik ist Plastik“, kommentiert der eine und beginnt mit seiner Begleitung über Mikroplastik im Meer zu diskutieren. Zum Gespräch über Nachhaltigkeit stößt das neue Enzi-Set jedenfalls an.
Kommentare