Die Gärtnerei Ganger droht ihre Grundstücke an den Wohnbau zu verlieren. Die Inhaber fühlen sich von der Stadt in Stich gelassen, die ÖVP bringt eine Anfrage dazu ein.
Der prominenteste Kunde der Gärtnerei Ganger ist ein Meerschweinchen. Etwa einmal pro Woche bekommt es aus dem Betrieb in der Aspernstraße 15–22 frischen Bio-Löwenzahnsalat aufgetischt. Die Blätter werden von jemandem abgeholt, der mit Grün sonst nicht so viel am Hut hat: von Ernst Nevrivy, Bezirkschef (SPÖ) der Donaustadt.
Fraglich ist aber, wie lange Nevrivys Meerschweinchen noch Salat aus besagter Gärtnerei zu fressen bekommen wird. Denn der 1898 gegründete Familienbetrieb droht vom Wohnbau verdrängt zu werden.
Kein Einzelschicksal im Bezirk: Die landwirtschaftlichen Flächen in der Donaustadt sind in den vergangen 20 Jahren um mehr als ein Fünftel auf 2.623 Hektar geschrumpft. Das Bauland ist im selben Zeitraum um fast zwölf Prozent gewachsen und macht nun 2.740 Hektar aus.
Begehrtes Filetstück
Die Chefs der unter Druck geratenen Gärtnerei, Franz und Marianne Ganger, bewirtschaften vier Grundstücke mit je rund einem Hektar Fläche. Sie züchten 300 verschiedene Blumen sowie Balkonpflanzen und noch einmal so viele Sorten Gemüse.
Zwei Flächen im Zentrum der Gärtnerei gehören der Familie. Die beiden Flächen links und rechts davon besitzt die Stadt – die Gangers haben sie gepachtet. Und genau mit diesen Pachtflächen gibt es jetzt Probleme.
Die Stadt hat die zwei Grundstücke per Gemeinderatsbeschluss im Jänner an den Wohnfonds übertragen. Dessen Aufgabe ist es, Land für den geförderten Wohnbau zu beschaffen.
Und genau das dürfte man mit den verpachteten Arealen im Sinn haben: Es handle sich dabei um Flächen, die „zu verwertbarem Bauland entwickelt werden sollen“, heißt es im Akt aus dem Wohnbauausschuss, der dem KURIER vorliegt.
ÖVP kritisiert Vorgehen
Ein wesentlicher, noch ausstehender Schritt ist die Umwidmung in Wohnbaugebiet. „Die Stadt bereitet alles vor, die wertvollen Böden in der Aspernstraße umzuwidmen und zuzubetonieren“, sagt Elisabeth Olischar, Landwirtschaftssprecherin der Wiener ÖVP.
Die beiden Grundstücke im Eigentum der Gangers sind ebenfalls für Wohnbauzwecke interessant. Vor einigen Wochen habe die Familie Besuch von Vertretern des gemeinnützigen Wohnungsunternehmens Sozialbau bekommen, sagt Marianne Ganger. Diese hätten Interesse an den Flächen bekundet.
Das ist nur logisch, wenn man ins Grundbuch schaut: Einer Tochter der Sozialbau gehören bereits Areale rund um die Gärtnerei – die Flächen der Gangers wären eine Art Lückenschluss.
Verkaufen kommt für die Familie aber nicht infrage: „Der Humus (nährstoffreiche Erdschicht, Anm.) hier wurde über Jahre aufgebaut. Das haben wir woanders nicht so schnell wieder“.
Erschwerte Bedingungen
Der Pachtvertrag mit der Stadt für die anderen beiden Flächen läuft jedenfalls noch bis Jahresende. Weitermachen könnte die Familie zwar auch nur mit ihren eigenen Grundstücken, aber unter deutlich erschwerten Bedingungen.
Mit nur der Hälfte der Fläche ist weit weniger Ertrag zu erwirtschaften. Und etwaige Wohnhäuser um die Felder würden sich nachteilig auf die Sonneneinstrahlung auswirken, so die Gärtner.
Sie fühlen sich von der Stadt im Stich gelassen: „Man sollte die Landwirtschaft fördern und nicht nur Sprüche klopfen.“ Olischar sieht das ähnlich: „Die SPÖ legt keinen Wert auf die Stadtlandwirtschaft und verdrängt die landwirtschaftlichen Flächen aus Wien.“
Sie hat zur Causa eine Anfrage eingebracht.
Fonds will Flächentausch
Seitens des Wohnfonds bestätigt man, dass auf dem Areal in Zukunft gebaut werden soll. Die Gärtnerei wolle man aber erhalten.
Angedacht sei ein Abtausch von Flächen zwischen Wohnfonds und Gärtnerei – und zwar so, dass Letztere einen breiten Streifen entlang der Aspernstraße bekommt, aber dafür Flächen im Norden an den Fonds abtritt. Nach dem Sommer sollen wieder Gespräche dazu stattfinden.
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