Delikates, Exotisches und Raritäten: Neuer Bildband über Schönbrunn

Delikates, Exotisches und Raritäten: Neuer Bildband über Schönbrunn
Der Prachtband erzählt auf 552 Seiten 900 Jahre Geschichte. Er ist ab sofort erhältlich.

Jedermann, der anständig gekleidet ist, dürfe den Schönbrunner Hofgarten ab sofort betreten. Wichtig war, sich geziemend zu betragen. Blumen oder Straußwerk abzubrechen sowie Unreinigkeit zu verursachen war streng verboten.

Am 9. Mai 1778 meldete das Wienerische Diarium, Vorläufer der Wiener Zeitung, dass die Parkanlagen Schönbrunns fortan öffentlich zugänglich seien. Heute zählt der Schlosspark zu den beliebtesten Naherholungsgebieten Wiens, das Schloss gar zu den Top-Sehenswürdigkeiten Österreichs.

Ein Prachtband erzählt nun die 900-jährige Geschichte des Areals – von der ersten urkundlichen Erwähnung im 12. Jahrhundert bis heute. Federführend waren die Kunsthistorikerinnen Elfriede Iby und Anna Mader-Kratky.

Das Anwesen Katterburg

Wobei Schönbrunn einst gar nicht Schönbrunn hieß: Im 12. Jahrhundert war es das Anwesen Katterburg, ein Herrenhaus mit Landwirtschaft. „Es gab hier Mühlen mit Weinausschank“, so Iby. „Man darf nicht vergessen: Heute ist das Areal leicht mit der U4 erreichbar, aber früher war hier tiefstes Land.“

1569 kam das Anwesen schließlich in Besitz der Habsburger. Sein jetziger Name wird erstmals 1642 erwähnt: Namensgeber war der sogenannte schöne Brunnen. „Er hatte so delikates Wasser, dass es in Kanistern bis in die Hofburg transportiert wurde“, sagt Iby.

➤ Mehr lesen: 270 Jahre Schönbrunn: Eine Geschichte von Tieren und Menschen

Delikates, Exotisches und Raritäten: Neuer Bildband über Schönbrunn

Das Chinesische Ovalkabinett aus der Zeit Maria Theresias: Sie begeisterte sich für fernöstliche Kunst.

Anfangs war Schönbrunn nur ein Jagdschloss, verantwortlich für dessen Errichtung in den 1690er-Jahren zeichnete Architekt Johann Bernhard Fischer von Erlach, so Mader-Kratky. Unter Maria Theresia wurde Schönbrunn dann zur Sommerresidenz ausgebaut, die von Frühjahr bis Herbst bewohnbar war. Man benötigte Platz für die kinderreiche Familie und den stattlichen Hofstaat.

Maria Theresias Vorliebe für "Indianisches"

Maria Theresia hatte übrigens auch eine Vorliebe für alles „Indianische“: „Darunter verstand man im 18. Jahrhundert alles Exotische – egal, ob aus Ostasien, Südamerika oder den Tropen“, erklärt Iby. Davon zeugen heute noch die Chinesischen Kabinette mit Lacktafeln an den Wänden und japanischen und chinesischen Porzellanobjekten. Ihr Mann Franz Stephan von Lothringen wiederum interessierte sich für exotische Tiere, für die er die Menagerie errichten ließ: Daraus wurde der Zoo Schönbrunn.

Umfangreicher Katalog

Viel gibt es jedenfalls zu erzählen, auch viel Neues zu lernen auf den 552 Seiten des Bildbands. Entstanden ist er in einer Kooperation der Schönbrunn Group mit der Akademie der Wissenschaften. Ein Katalog im Anhang bietet zudem Pläne und Beschreibungen aller zu besichtigenden Zimmer, ja sogar aller Statuen und Brunnen im Park. „Es ist eine Zusammenschau, wie es sie in diesem Umfang bisher noch nicht gegeben hat“, beschreibt Iby.

Rarität: Federzeichnung aus 1750

Mit dabei ist auch die eine oder andere Rarität, etwa eine Federzeichnung aus 1750, die als einzige eine Ostansicht des Areals zeigt. „Das ist außergewöhnlich, da normalerweise eher die Hauptfassade abgebildet wurde“, so Mader-Kratky. Entdeckt habe man sie zufällig, und zwar in einer deutschen TV-Sendung: Da trat eine Frau auf, die berichtete, besagte Federzeichnung im Familienerbe entdeckt zu haben. Mittlerweile ist sie „heimgekehrt“ nach Schönbrunn. Drei weitere derartige Abbildungen sollen aber noch existieren: Vielleicht, so hoffen die Expertinnen, werden sich die Besitzer jetzt nach Erscheinen des Bildbandes melden.

➤ Mehr lesen: Ein artgerechtes Leben im Zoo: Eine Frage der Haltung

Delikates, Exotisches und Raritäten: Neuer Bildband über Schönbrunn

Diese Seite des Bildbands zeigt eine Rarität: Eine Federzeichnung aus 1750, die eine Ostansicht des Geländes zeigt.

Delikates, Exotisches und Raritäten: Neuer Bildband über Schönbrunn

Elfriede Iby und Anna Mader-Kratky (Hg.): „Schönbrunn. Die kaiserliche Sommerresidenz“, 552 Seiten. 49,90 Euro

Kommentare