Braucht die U-Bahn Zugangssperren?
Nach der Messerattacke in der S-Bahn-Station Handelskai am Wochenende ist die Debatte um die Sicherheit in den Wiener Öffis neu entbrannt. Die Wiener FPÖ fordert in einer Aussendung drastische Maßnahmen: Zugangssperren an den Eingängen zu den U-Bahn-Stationen wie in London oder Barcelona, eine massive Ausweitung der Videoüberwachung sowie mehr Polizei-Präsenz in Öffis und Stationen seien notwendig, um die "untragbare Lage" zu entschärfen. Aber sind solche Maßnahmen sinnvoll? Und wie sicher sind die öffentlichen Verkehrsmittel in der Bundeshauptstadt generell? Der KURIER bat einen Sprecher der Wiener Linien, Dominik Gries, um Antworten.
KURIER: Wiens FPÖ-Klubobmann Johann Gudenus apostrophiert die Wiener U-Bahnen und deren Stationen als "Zentren des Verbrechens", was sagen Sie dazu?
Dominik Gries: Das ist völlig überzogen. Jeder, der selbst U-Bahn fährt, weiß, dass dem nicht so ist, und das sagt auch die Polizei. Sie bestätigt, dass die Wiener U-Bahn sehr sicher ist, dass nicht viel passiert und dass auch nicht mehr passiert als früher. Trotzdem ist natürlich jeder Vorfall einer zu viel.
Welche Sicherheitsmaßnahmen setzen Sie konkret?
Sicherheit ist uns ein großes Anliegen. Derzeit läuft unsere Kampagne "Im Zweifelsfall ist es ein Notfall", damit wollen wir die verschiedenen Notfalleinrichtungen bekannter machen und den Fahrgästen die Scheu davor nehmen. Der gelernte Österreicher denkt ja, dass er Schwierigkeiten bekommt, wenn er Alarm auslöst. Das müssen wir ändern. In jedem Straßenbahnwaggon finden Sie 18 Notfalleinrichtungen – so etwas werden Sie im Straßenverkehr vergeblich suchen.
Gibt es auch Missbrauch?
Natürlich, wir haben täglich gleich mehrere Fälle. Trotzdem nehmen wir jeden Vorfall ernst und gehen ihm mit unverminderter Aufmerksamkeit nach.
Würden Sie sich von den Fahrgästen mehr Zivilcourage wünschen?
Das kommt auf die konkrete Situation an, das muss jeder für sich selbst entscheiden. Zumindest sollen die Menschen die Verantwortung übernehmen, Alarm auszulösen.
Dominik Gries, Sprecher der Wiener Linien
Wie sieht die Zusammenarbeit mit der Polizei aus?
Wir stehen laufend mit ihr im Kontakt und betreiben auch gemeinsame Ausbildung – junge Beamte absolvieren ein Training bei den Wiener Linien, um die U-Bahn und deren Strukturen kennenzulernen. Wir wissen auch, dass es "Hotspots" gibt. Was uns auffällt, wird gemeldet. Die konkrete Überwachung und die Einsatzplanung sind aber Sache der Polizei.
Wird es eine eigene U-Bahn-Polizei geben?
Das muss die Polizei entscheiden. Die ist ohnehin sehr präsent, auch in zivil.
Haben Sie Wünsche an die Stadtpolitik?
Nein, wir sind mit der Stadt im besten Einvernehmen.
Die FPÖ verlangt eine Ausweitung der Video-Überwachung und eine Speicherung der Daten für 48 Stunden.
Ich verstehe die Forderung nicht. Wo es Bilder gibt, da werden sie bereits 48 Stunden lang gespeichert. Und die Video-Überwachung bauen wir sukzessive aus. 2011 hatten wir rund 1700 Video-Anforderungen seitens der Polizei, 2012 waren es bereits 2000.
Zeitigt die Überwachung auch einen Erfolg?
Auf jeden Fall. Sie wirkt bereits präventiv, vor allem gegen Sachbeschädigungen wie Graffiti. Das merkt man auch, wenn man die Öffis benützt.
Ist die Errichtung von Eingangsschleusen für die Wiener U-Bahn angedacht?
Definitiv nicht. Wir haben uns aus mehreren Gründen ganz bewusst für ein "offenes System" entschieden, zum Beispiel wegen der Barrierefreiheit – wir wollen keine "gated community". Wir müssten außerdem Dutzende Millionen Euro allein für die Investitionen in den 101 Stationen in die Hand nehmen und hätten in der Folge einen massiv erhöhten Personalaufwand. Letztlich sind Eingangsschleusen auch kein Sicherheitsmerkmal, sonst wäre man etwa in New York ja in einem "sicheren Hafen". Die wirklich bösen Buben lassen sich von Eingangsschleusen nicht beeindrucken.
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