Dauerlüften und Desinfektionsroboter: Neustart für Hotels und Fitnesscenter
Mit einer Flasche kommt Lena nicht mehr aus. Wenn sie aufs Zimmer geht, nimmt sie jetzt zwei mit. Eine mit einer durchsichtigen Flüssigkeit. Und eine mit einer gelben. Zu dieser greift sie zuerst.
Lena ist Hausdame im Hotel „Das Triest“ in Wien-Wieden. Es ist Donnerstag und sie bereitet eines der 120 Zimmer für die Wiedereröffnung vor. Nachdem sie das Betthaupt mit dem gelben Standard-Reiniger abgewischt hat, sprüht sie die transparente Flüssigkeit auf. „Zur Desinfektion“, erklärt sie.
Für „Das Triest“ und die rund 16.000 anderen österreichischen Hotels ist der Lockdown morgen, Freitag, zu Ende. Nach 74 Tagen Sperre dürfen sie öffnen – unter strengen Sicherheitsvorkehrungen. Tatsächlich aufsperren wird österreichweit allerdings nur knapp die Hälfte der Betriebe, heißt es aus der Wirtschaftskammer.
Nur ein Fünftel öffnet
In Wien dürfte gar nur ein Fünftel der 690 Hotels wieder öffnen. Der Grund: Die Buchungslage ist äußerst bescheiden.
„Hotels brauchen 75 Prozent Auslastung, damit sie positiv bilanzieren können“, sagt Dominic Schmid. Er ist Chef der Fachgruppe Hotellerie in der Wiener Wirtschaftskammer.
Die Buchungszahlen für Juni sind davon noch weit entfernt: Nur fünf bis zehn Prozent der Wiener Hotelzimmer sind gebucht.
Im Hotel Triest wird das Abstandhalten in den nächsten Tagen einfach. Nur zehn Zimmer sind vergeben. Das heißt: Es werden mehr Mitarbeiter da sein als Gäste. Vor einem Jahr hatte Direktor Oliver Dzijan noch 100 Angestellte. Aktuell sind es 34.
Minibar ausgeräumt
In den vergangenen Tagen hat die Belegschaft ein paar Geschäftsreisende betreut. (Zur Erinnerung: Berufliche Nächtigungen waren erlaubt.) Gewohnt ist man sonst höheren Besuch: Robbie Williams und Lady Gaga stiegen hier schon ab.
Zuletzt haben die Mitarbeiter die Zimmer corona-konform hergerichtet. Das Ergebnis: Die Minibars sind leer. Weil der Inhalt nach jedem Gast desinfiziert werden müsste, gibt es die Snack-Packerl und Fläschchen nur noch auf Bestellung.
Umso mehr Flaschen bringen dafür die Reinigungskräfte mit: Oft berührte Gegenstände wie Lichtschalter werden penibel desinfiziert. Broschüren über das Hotel und die Stadt sucht man in den Zimmern vergeblich.
Diese Infos müssen sich die Gäste via Handy holen. „Finden Sie hier alle Informationen zu ihrem Aufenthalt“, steht auf einer Karte mit QR-Code, die auf dem Polster liegt.
Fünf Stunden lüften
Ganze fünf Stunden hat man veranschlagt, um die Zimmer zu lüften, bevor ein neuer Gast auf ein Zimmer darf. Damit sich das ausgeht, wurde sogar der Check-out um zwei Stunden vorverlegt.
Verlassen Gäste das Zimmer, müssen sie übrigens einen Meter Distanz zu anderen einhalten. Am Eingang und an der Rezeption gilt Maskenpflicht. Im Triest wurde der Tresen zusätzlich mit einer Flasche Desinfektionsmittel bestückt.
Und: Jeder Gast bekommt einen eigenen Kugelschreiber gereicht.
Frühstück gibt es à la carte – und nicht wie üblich als Buffet. „Das zahlt sich erst ab 30 Personen aus, sagt Direktor Dzijan.
Er und seine Branchenkollegen hoffen, dass sich die Situation mit der Öffnung der Grenzen zu Deutschland Mitte Juni zumindest etwas bessert. Aber: „Im Sommer sind Kärnten oder die Steiermark für viele ansprechender.“
Corona-Kilos wegtrainieren
Fünf Gehminuten weiter im 1. Bezirk ist Ernst Minar, Eigentümer der John Harris Fitnesscenter, weitaus euphorischer. Und das, obwohl einen Tag vor dem Neustart der Desinfektionsmittelspender beim Eingang noch nicht richtig funktioniert.
„Die Leute wollen wieder trainieren – und zwar auf gescheiten Geräten. Das merken wir ganz stark“, sagt er.
Wohl mit ein Grund für die Motivation: die Corona-Kilos. Ab dem morgigen Freitag kann man sie wegtrainieren: Auch die 1.200 Fitnesscenter im Land dürfen aufsperren – ebenfalls unter Auflagen.
Kunden müssen beim Betreten und Verlassen der Studios und in der Garderobe Maske tragen. Beim Trainieren gilt ein Zwei-Meter-Abstand. Minar hat daher einzelne Geräte gesperrt.
Aufschriften am Boden weisen auf das Distanz-Gebot hin – sie müssen aber erst festgeklebt werden.
Keime wegstrahlen
Eine Hausdame gibt es hier nicht. Die Kunden desinfizieren die Geräte nach der Benutzung (auch in Nicht-Corona-Zeiten). Wer sich nicht auf seinen Vorgänger verlassen will, der muss selbst zur Sprühflasche greifen.
Den Rest erledigt ein eigens angeschaffter Putz-Roboter. Er fährt nachts autonom durch die Gänge und tötet Keime ab.
Allerdings nicht mit transparenter Flüssigkeit, sondern mit UVC-Strahlen.
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