Das Vermächtnis von Portisch wird in Wiens Stadtbild festgeschrieben

Das „Geschichtsbuch Österreichs“. So bezeichnete Bundespräsident Alexander Van der Bellen den Jahrhundertjournalisten Hugo Portisch nach dessen Ableben im April 2021. Und nun wird für dieses personifizierte Geschichtsbuch ein neues Kapitel aufgeschlagen. Portisch wird nämlich mit einer eigenen Straße in Wien geehrt, wie am Dienstag einstimmig im Kulturausschuss beschlossen wurde.
Die Hugo-Portisch-Gasse wird künftig am Küniglberg in Hietzing vor dem Haupteingang des ORF-Zentrums zu finden sein. Ein passender Platz. Portisch war schließlich nicht nur ehemaliger KURIER-Chefredakteur, sondern wurde der breiten Öffentlichkeit als Chefkommentator des ORF bekannt. In dieser Funktion erklärte er schwierige politische und wirtschaftliche Zusammenhänge der Öffentlichkeit und war auch die Stimme zeithistorischer Ereignisse. So kommentierte er etwa 1969 die erste Mondlandung.
Er sei einer der wichtigsten Chronisten unserer komplexen Zeitgeschichte, sagte Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) anlässlich des Beschlusses. „Er hat zeit seines Lebens stets verständlich, unbestechlich und unabhängig dazu beigetragen, dass wir aus der Geschichte lernen können und zu einem toleranten, vereinten Europa zusammenwachsen“.
Rundfunkvolksbegehren
Dass Portisch für unabhängigen Journalismus eintrat, bewies er etwa, als er 1964, damals noch Chefredakteur des KURIER, das Rundfunkvolksbegehren – das erste Volksbegehren Österreichs – initiierte. Das Ziel war, den ORF zu einem von der Tagespolitik unabhängigen Medium zu machen. Zuvor war der Rundfunk von der Politik, insbesondere der Großen Koalition, als Sprachrohr genutzt worden.
200.000 Unterschriften waren notwendig, um das Parlament zu bemühen. Diese Vorgabe wurde mit mehr als 832.000 Unterschriften weit übertroffen. Dies ebnete den Weg für die Einführung des Rundfunkgesetzes.
Der Straßenname kann auch als Mahnmal für den Fortbestand des unabhängigen Journalismus gesehen werden.
Viele Ehrungen
Fast hätte es Portisch selbst in die Politik verschlagen. In den 1990er-Jahren wurde ihm von Rot und Schwarz eine parteiübergreifende Kandidatur als Bundespräsident angeboten. Er wollte aber unabhängig und frei bleiben als Journalist – dem für ihn „tollsten Beruf der Welt“. In seinen Erinnerungen „Aufregend war es immer“ (2015) präzisierte er das noch augenzwinkernd: Als Journalist könne er sich aussuchen, neben wem er beim Abendessen sitzt.
Dass Portisch mit einer Benennung geehrt wird, schwebte bereits 2021 im Raum. Nicht nur in Hietzing hoffte man darauf. So machten sich etwa auch die Neos im 1. Bezirk für einen „Dr.-Hugo-Portisch-Platz“ vor der Alten Post in der Postgasse stark. Der kleine Platz bleibt nun wohl weiterhin ohne Namen.
Eine andere Würdigung wurde ihm schon zu Lebzeiten zuteil. 2018 wurde er zum Ehrenbürger Wiens ernannt. „Er schreibt sich nun endgültig in das räumliche Gedächtnis jener Stadt ein, die er einmal als seine Traumstadt bezeichnet hat“, sagte Kulturstadträtin Veronica Kaup-Hasler (SPÖ).
Und für ein personifiziertes Geschichtsbuch gibt es wohl kaum einen besseren Platz als im Gedächtnis einer Stadt.
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