„Es ist ein Horror“, sagt ein Wirt dem KURIER. Er möchte unerkannt bleiben, denn seine Bar ist noch geöffnet. Und er möchte die wenigen verbliebenen Besucher nicht verschrecken. Mit jedem weiteren Coronavirus-Erkrankten steigt die Zahl jener, die nicht mehr ausgehen wollen. Seit die Regierung beschlossen hat, alle Veranstaltungen mit mehr als 100 Personen in einem Raum zu untersagen, bleiben die Gäste aus. Und nicht nur diese.
So hat man etwa im Wiener Lokal „Vollpension“ dieser Tage ein ganz besonderes Problem: „Liebe Gäste! Für die Sicherheit unserer Omas und Opas, wascht bitte eure Hände!“, steht auf einem großen Schild, das man kurzerhand an die Kuchenvitrine geklebt hat.
Das Konzept des Lokals: Omas (und Opas) backen Kuchen nach eigenen Rezepten und verkaufen diese an mittlerweile zwei Standorten in Wien. Beim jungen Publikum ist das beliebt.
Seit sich das Virus, das insbesondere für ältere Menschen gefährlich sein kann, ausbreitet, muss man nun aber vorsichtig sein. Seit heute, Freitag, sind die Omas und Opas überhaupt ganz vom Dienst freigestellt. „Wir wollen unsere Mitarbeiter dem Kontakt mit den Gästen nicht mehr aussetzen“, sagt Hannah Lux, Betreiberin der Vollpension.
Für alle Omas und Opas, die noch arbeiten wollen, wird nun eine externe Produktionsküche gesucht. Ihre Schichten im Café übernimmt nun das jüngere Personal. „Wir machen das also genau so, wie es empfohlen ist: Die Jüngeren müssen jetzt die Älteren schützen“, sagt Lux.
Die Vollpension ist nur eines von vielen Beispielen: In Wien ist die Situation derzeit in allen Lokalen prekär. Vor allem, seit das Gerücht umgeht, dass bald alle Lokale aus Gründen der Sicherheit schließen müssen.
Dass die Lage wirtschaftlich ernst ist, ist allen Gastronomen klar. Servicepersonal wird bereits gekündigt, eine niederösterreichische Cateringfirma hat rund 100 Personen vorsorglich beim AMS gemeldet.
Keine Einnahmen mehr
Der Chef der Sparte Gastronomie in der Wirtschaftskammer Wien, Peter Dobcak, fordert nun schnelle und umfassende Maßnahmen: „Es geht nicht nur um Kredite. Wir brauchen Liquidität, die Sozialabgaben müssen eingefroren werden, damit der Nettolohn ausbezahlt werden kann. Das muss passieren, das sagt der Hausverstand.“
Cateringunternehmen haben bereits seit der Verkündung der Maßnahmen einen Umsatzrückgang von 95 bis 100 Prozent. Je nachdem, wie hart die nächsten Maßnahmen der Regierung ausfallen, könnte es auch Gastronomen so gehen. In Italien hat die Regierung bereits veranlasst, dass alle Lokale geschlossen bleiben müssen.
Laut Dobcak habe es jedenfalls keinen Sinn, wenn Gastronomen jetzt Kredite aufnehmen, für die der Staat die Haftung übernimmt, nur um mit diesem Geld die Abgaben an den Staat zahlen zu können.
Nicht nur der Bund, sondern auch die Länder und Städte seien gefordert: „In Wien werden Gebühren für Schanigärten kassiert. Das muss ausgesetzt werden. Und wenn sich ein Unternehmer eine neue Lüftung kaufen muss und das Geld jetzt einfach nicht hat, dann sollen die Behörden bitte ein Einsehen haben und die Anschaffung auf das nächste Jahr verschieben“, sagt Dobcak.
Kleine Lokale hoffen
Noch ist die Situation aber nicht überall prekär. Im niederösterreichischen Bezirk Neunkirchen etwa gibt es bis dato keinen gemeldeten Infektionsfall. Kleine Betriebe hoffen dort, von den Maßnahmen der Regierung vielleicht sogar profitieren zu können.
Der KURIER hat mit einem Wirt aus Neunkirchen gesprochen: „Die Frage ist, ob Gäste jetzt in kleine Lokale gehen, weil so viele Großveranstaltungen abgesagt wurden oder ob sich die Leute jetzt zu Hause einsperren.“
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