Corona-Krise: Weitere Maßnahmen gegen häusliche Gewalt gefordert

Domestic violence - Abuse
961 Betretungsverbote im März. Deutlich mehr Anrufe bei Hotline: Frauenhäuser fordern mehr Geld und Maßnahmen der Justiz.

Die Ausgangsbeschränkungen führen zu einem Anstieg der häuslichen Gewalt: 961 Betretungsverbote wurden im März ausgesprochen. Das ist im Vergleich zu Jänner (937) und Februar (874) zwar nur ein geringer Anstieg - es werde dabei aber nicht bleiben, befürchtet die Geschäftsführerin der autonomen Frauenhäuser Maria Rösslhumer. Die Anrufe bei der Frauen-Helpline haben sich um 71 Prozent gesteigert.

Die Krise führt dazu, dass Frauen, die mit Gewalt bedroht sind, noch mehr und auf engem Raum mit den Männern zusammen sind. Arbeitslosigkeit, finanzieller Druck und erhöhter Alkoholkonsum sowie, dass die Kinder zu Hause sind, können Konflikte noch weiter provozieren.

"Dazu kommt, dass viele Frauen schlecht informiert sind und glauben, dass sie gar nicht aus dem Haus gehen dürfen", sagt Margarete Bican, Geschäftsführerin der Mädchen- und Frauenberatung "Sprungbrett". Dadurch fehle auch die Möglichkeit, alleine zu telefonieren oder sich über Hilfsangebote zu informieren. 

Weitere Maßnahmen

In den meisten Frauenhäusern seien noch Unterkünfte frei - dennoch begrüßt Rösslhumer die neue Kampagne des Frauenministeriums sowie des Innenministeriums und, dass Länder Ersatzquartiere zur Verfügung stellen werden. Auch zusätzliches Geld sei schon versprochen worden - aber zu wenig, sagt Rösslhumer. 

PK "20 JAHRE FRAUENVOLKSBEGEHREN - JETZT ERST RECHT": RÖSSLHUMER

Maria Rösslhumer, Geschäftsführerin des Vereins Autonome Österreichische Frauenhäuser

Neben mehr Geld für die Frauenhäuser und -Beratungsstellen, können weitere "Best-Practice-Beispiele" für Maßnahmen auch in anderen EU-Ländern gefunden werden: Die Vorsitzende des Ausschusses für die Rechte der Frauen und die Gleichstellung der Geschlechter des Europäischen Parlament Evelyn Regner (S&D-Fraktion), berichtet etwa, dass in Spanien Apotheker geschult wurden.

Corona-Krise: Weitere Maßnahmen gegen häusliche Gewalt gefordert

MEP Evelyn REGNER, Vorsitzende des Frauenausschusses

Wenn eine Frau dort in eine Apotheke geht und das Codewort "Covid 19 Maske" sagt, wird die Polizei gerufen. Das könne man auch auf Supermärkte ausdehnen. In Österreich wäre das für Rösslhumer aber ein längerfristiges Projekt, da es dafür noch Informationskampagnen und Schulungen bräuchte. Es gebe aber Projekte, in denen Menschen geschult werden, auf ihre Nachbarschaft zu achten.

Justiz gefordert

In Frankreich seien jetzt leerstehende Hotels für Frauen in Not geöffnet worden - auch das wäre für Regner eine Idee, die man sich abschauen könnte. Zudem betont sie, dass auch bei Arbeitslosigkeit und Kurzarbeitsmodellen darauf geachtet werden müsse, dass Frauen finanziell unabhängig bleiben: "Unabhängigkeit ist auch Gewaltprävention", sagt sie. Außerdem bestehe die Gefahr, dass Frauen in der Krise, etwa durch Home-Schooling, wieder zurück in alte Rollenbilder gedrängt werden.

Maria Rösslhumer wünscht sich außerdem, dass die Gerichte noch stärker auf Digitalisierung setzen: Damit könne die Wartezeit für Frauen auf Urteile gegen gewalttätige Männer gekürzt werden. Außerdem solle darauf geachtet werden, dass Unterhaltszahlungen weiter fortgesetzt werden. 

Margarete Bican berichtet außerdem, dass trotz der Ausgangsbeschränkungen noch ständig Männer zu den Frauenhäusern kommen würden, um ihre Kinder zu sehen. Dadurch steige das Ansteckungsrisiko. "Die Justiz müsse Wege finden, das jetzt einzuschränken", sagt sie.

Unter 0800 222 555 geben Experten 24 Stunden am Tag Auskunft.

Zudem gibt es die Notruf-Nummern 133 und 112. Online-Beratung täglich von 15.00 bis 22.00 Uhr unter www.haltdergewalt.at Weitere Infos www.frauenhelpline.at

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