„Es war immer Chaos“, sagt Wiener-Linien-Sprecherin Eunike de Wilde. „Und die Menschenmenge wird entzerrt, wenn sie zu verschiedenen Haltestellen geht.“ Auch am Wochenende ist der Christkindlmarkt öffentlich gut erreichbar; die Haltestelle Parlament ist keine 200 Meter entfernt, und das Schottentor ist auch nicht weit. Trotzdem empfiehlt es sich, den Rathausplatz zu bestimmten Zeiten zu meiden.
Von sinkender Kaufkraft ist nichts zu spüren
„Am schlimmsten ist es am Samstag zwischen 17 und 18 Uhr“, sagt Alexander Hahn. „Da geht nix mehr.“ Hahn verkauft auf dem Christkindlmarkt – ziemlich genau vis-a-vis vom Sophie-Soufflé-Stand – Mützen und Handschuhe aus Alpakawolle. Außerhalb der Rushhour ist er sehr zufrieden, von Inflation und verringerter Kaufkraft bemerke er nichts.
Hahn, der im Waldviertel einen Alpakahof betreibt, hat auch auf dem Weihnachtsmarkt am Spittelberg einen Stand. Aber das könne man nicht vergleichen. „Dort setze ich ein Drittel von dem um, was ich am Rathausplatz umsetze.“
Tourismusfaktor Advent
Der Christkindlmarkt ist nicht nur für die dort vertretenen Gastronomen und Händler ein gutes Geschäft, auch die Stadt profitiert davon. Die einst schwachen Monate November und Dezember sind heute die – nach dem Sommer – zweitbeste Zeit für den Tourismus.
Als 1986 die Marke „Wiener Adventzauber“ eingeführt wurde, gab es im November und Dezember 631.000 Nächtigungen in Wien. Im Vorjahr waren es bereits 2.698.000, also mehr als viermal so viele. Noch imposanter ist die Entwicklung des Beherbergungsumsatzes, der noch einmal doppelt so stark gestiegen ist wie die Nächtigungszahlen.
Das Weihnachtsgeschäft läuft inzwischen so gut, dass die Stadt derzeit auf spezielle Advent-Werbekampagnen verzichtet. Voller als voll geht ohnedies nicht. Manchen Wienerinnen und Wienern, die in überfüllten Straßenbahnen zwischen punschigen Gästen aus den Bundesländern oder dem benachbarten Ausland stehen, ist es sowieso schon viel zu viel.
Internationale Würdigung
„Wenn ein Weihnachtsmarkt zu den zehn schönsten der Welt gewählt wird, zieht das eben Menschen an“, sagt Alexander Hengl vom Marktamt trocken. Er spielt auf ein im November von der Financial Times erstelltes Ranking an, in dem der Christkindlmarkt als „Pionier der heutigen Weihnachtsmärkte“ gewürdigt wird.
Die Wurzeln des Christkindlmarkts (der Name ist in Wien geschützt) reichen bis ins Jahr 1722 zurück; seit 1975 findet er auf dem Rathausplatz statt. Der Christkindlmarkt ist einer von offiziell 14 Wiener Weihnachtsmärkten – das sind die, die auf öffentlichem Grund stattfinden und daher eine Bewilligung vom Marktamt benötigen; insgesamt gibt es rund 150 Adventmärkte in der Stadt.
Seit dem Vorjahr wird der Christkindlmarkt von der Wien Marketing veranstaltet, einer 100-prozentigen Tochter der Stadt. Die Kritik, dass der Markt überlaufen sei, gibt es schon länger. Den neuen Betreibern ist es deshalb besonders wichtig, die „Besuchs- und Aufenthaltsqualität“ zu verbessern. Die Anzahl der Hütten wurde stark reduziert (von 150 auf 95) , daher gibt es jetzt deutlich mehr Platz. Auch der Junk- und Trash-Faktor wurde radikal zurückgefahren.
Es gibt Tage und Zeiten, da wird es trotzdem eng auf dem Rathausplatz. Wer jedoch die Stoßzeiten meidet, wird erkennen, dass der Christkindlmarkt besser ist als sein Ruf.
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