Christkindlmarkt: Mit einem Punsch die Pandemie vergessen
Ein metergroßes Plakat bewirbt derzeit am Wiener Rathaus das neue Album der Sängerin Adele. Ein treffendes Porträt, weil so der Weltschmerz, den die Britin so gerne besingt, auch bildlich über dem Wiener Christkindlmarkt schwebt. An den Ständen selbst läuft beschwingte Weihnachtsmusik.
Der KURIER hat sich am Rathausplatz umgesehen.
Hat man es einmal mit Ausweis und 2-G-Nachweis an den Kontrolleuren am Eingang vorbei geschafft, scheinen die Pandemie und die derzeit stark steigenden Zahlen erst einmal vergessen. Vor allem Touristinnen und Touristen nutzen das erste Wochenende, an dem die Weihnachtsmärkte geöffnet haben, um mit Punsch in der Hand zu bummeln. In Gesprächen wird schnell klar, dass man sich in einer Blase von Genesenen oder Geimpften befindet. Denn alle darauf Angesprochenen finden die Maßnahmen sinnvoll.
So ist etwa ein älteres Ehepaar dankbar, bereits geimpft zu sein: „Sonst müssten wir in Quarantäne, wenn wir wieder nach Deutschland zurückreisen.“ Und die Situation sei eben so, wie sie ist: „Der Mensch gewöhnt sich an alles. Das ist jetzt fast zwei Jahre so. Ohne Maske findet man sich schon halb nackt“, sagt der Tourist und lächelt. „Im Winter ist es ja praktisch, es wärmt“, wirft seine Frau ein.
Rücksicht
Andere wärmen sich dafür lieber am Glühwein, denn eine Maske zu tragen, ist zumindest am Samstag auf den Wiener Adventmärkten (noch) nicht verpflichtend, wird aber von den Betreibern zur Sicherheit empfohlen.
Vorsichtig zeigen sich etwa auch zwei Freundinnen im Gespräch mit dem KURIER. Sie seien nicht nur geimpft, sondern zusätzlich getestet, arbeiten beide im Gesundheitswesen. Für sie sei es schwierig, zu sehen, wie Menschen nach wie vor die Situation zu wenig ernst nehmen. „Wir würden uns wünschen, dass die Leute mehr mitdenken und rücksichtsvoller sind.“ Umso mehr können sie den Markt genießen, da hier 2-G gilt.
Überprüfungen
Am Markt sind auch etliche Polizeibeamte unterwegs. Seit Montag wurden rund 13.000 Überprüfungen österreichweit in Bezug auf die 2-G-Regel vorgenommen. Ein Kontrollkonzept für weitere Covid-Maßnahmen steht bereits. Bisher wurden mehr als 200 Anzeigen wegen Übertretung der Covid-19-Bestimmungen ausgestellt, teilte das Innenministerium mit.
„Existenzpanik“
So sinnvoll die Maßnahmen derzeit sein mögen, für die Standinhaber fällt dadurch potenzielle Kundschaft weg. „Es ist Existenzpanik da, ja“, sagt eine Frau, die Anhänger aus alten Briefmarken herstellt und diese am Christkindlmarkt verkauft. Die Sorge sei groß, denn sie und ihr Freund hätten ihre gesamten Ersparnisse in die Hütten gesteckt, mit denen sie an mehreren Standorten stehen.
Die Standlerin ist zwar geimpft, müsste sie aber gar nicht sein. Denn bei Personen, die am Markt arbeiten, reicht ein 3-G-Nachweis, weil es sich um den Arbeitsplatz handelt. Standbesitzer dürfen also – wie Kellner – nur mit gültigem Coronatest zwar ihre Ware verkaufen, aber etwa nach ihrem Dienst nichts konsumieren.
Das tun am frühen Samstagnachmittag aber ohnehin genügend andere. Ob mit Musik von Adele oder Wham! dürfte beim richtigen Promillegehalt dann auch keine so große Rolle spielen.
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