Sie engagieren sich für Menschen in aller Welt. Was ist Ihre Motivation dafür?
Ich bin aufgewachsen in einer Zeit, in der es selbstverständlich war, dass man einander hilft. Ungeachtet der Herkunft, der Religion, des Geschlechts. Mich interessiert nicht, wenn jemand mehr hat als ich – mich interessiert, wenn jemand weniger hat. Ich habe mich 20 Jahre bei „Licht für die Welt“ in Afrika eingesetzt. Jetzt möchte ich mich benachteiligten Kindern widmen. Daher bin ich zu „Jugend Eine Welt“ gegangen.
Gibt es eine einprägsame Erinnerung an Afrika, etwas besonders Schönes?
Da gibt es ganz viel. Ich erzähl’ Ihnen aber kein Erfolgserlebnis, sondern etwas Witziges. Wenn man in Afrika unterwegs ist, findet man keine Gasthäuser, wo man auf die Toilette gehen kann. Man muss schauen: Wo ist das nächste Gebüsch zum Verstecken? Einmal auf einer Anhöhe in Äthiopien war es wieder so weit. Es war kein Mensch zu sehen, kein Dorf – gar nix. Ich bin dann hinter einen Felsen gegangen. Kaum hatte ich die Hose unten, sind zehn kleine Kinder dagestanden und haben kichernd auf meinen Hintern gezeigt. Das war der Moment, in dem ich beschlossen habe: Es ist mir ab sofort wurscht, wer mir dabei zuschaut (lacht). Ich bin dann in den Bus, um meine Polaroid-Kamera zu holen. Und dann hab ich die Kleinen fotografiert und hab ihnen die Fotos geschenkt. Die haben eine Mordshetz gehabt.
Sie sind viel herumgekommen in Ihrem Leben ...
... na ja, ich bin ja auch 81 Jahre (lacht).
Sie haben aber auch in der Beziehung mit Ihrem damaligen Partner (er war aus Jamaika, Anm.) erlebt, wie sich Rassismus äußern kann.
Schauen Sie sich um: Es gibt mittlerweile mehr Rassismus, Femizide, Antisemitismus, Aggression. Nur: Viele Dinge darf man nicht mehr benennen, weil es diese Political Correctness gibt – dieses merkwürdige Feigenblatt. Da habe ich meine Probleme.
Woran denken Sie da zum Beispiel?
Das beginnt beim Gendern mit dem großen I: Keine Frau freut sich über das Binnen-I, wenn sie noch immer weniger Geld kriegt (lacht). Das ist Scheinheiligkeit für mich.
Geht uns dadurch auch ein bisserl der Humor verloren?
Humor kann man nicht lernen oder verlernen: Der ist da – oder eben nicht. Ich glaube, dass der Humor im Leben nach der Liebe das Wichtigste ist. Sich selbst ein bisserl auf die Schaufel zu nehmen, ist eine schöne Lebensqualität.
Ein Thema dieser Tage ist auch Hass im Netz. Sie haben Ihren Facebook-Account stillgelegt, nachdem Sie Ihre Corona-Erkrankung öffentlich machten und hasserfüllte Kommentare bekamen.
Jeder kann im Internet etwas absondern. Und das ist nicht immer das Feinste. Wichtig wäre, dass die Menschen mehr drauf achten, was sie sagen: Leute haben mir damals geschrieben, ich soll schauen, dass ich Krebs kriege, dann weiß ich, was wirklich arg ist. Ich bin mir sicher, die würden mir das nicht so ins Gesicht sagen. Diese Anonymität, hinter der man sich verbirgt, macht halt manche armen Geschöpfe stärker. Auf der anderen Seite ist das Internet auch ein Segen: etwa dass man am anderen Ende der Welt schnell helfen kann.
Sie äußern sich immer sehr klar zur Rolle der Frau ...
Ich bin eine Feministin. Wenn eine Frauenministerin sagt, sie ist keine Feministin, ist sie meiner Meinung nach fehl am Platz.
Was war ein wichtiger Punkt in der Emanzipation?
Die Pille.
Und wo hapert es noch?
Dass Frauen immer noch weniger bezahlt bekommen. Wenn eine Frau bei den Kindern ist, müsste sie ein Gehalt und eine Pension bekommen. Sie muss die Kinder schupfen, Aufgaben machen, sich um den Haushalt kümmern. Management also, das der Mann im Beruf macht und für das er viel Geld kriegt. Da stimmt etwas nicht. Und wenn die Kinder aus dem Gröbsten draußen sind, soll sie eine Teilzeitstelle erhaschen, wo sie danach erst wieder keine gescheite Pension kriegt. Das ist nicht in Ordnung und das gehört angesprochen. Ich spreche es eh immer an. Aber ich bin nicht in der Politik und ich denke auch nicht daran, in die Politik zu gehen (lacht).
Fürchten Sie sich vor den Wahlen im Herbst?
Wir sind so ein Operettenstaat, so ein kleines Land. Was immer es wird, wird es. Und wenn das grauslich wird – und ich bin kein Fan der FPÖ –, kann man auch nix machen. Man kann nur schauen, was man bei den Wahlen macht. Ich halte es auch nicht für gut, jemanden auszugrenzen und zu sagen: „Pfui, geh’ weg.“ Da sagen dann manche: Jetzt erst recht. Ich finde daher, das ist nicht geschickt. Aber das ist meine persönliche Meinung.
Sie sprechen oft über das Thema Alter. Es heißt aber, man soll Frauen nicht fragen, wie alt sie sind ...
Warum nicht? Ich habe eine Schatzkiste mit traurigen, furchtbaren, lustigen und schönen Dingen, in die ich hineingreifen kann. Das konnte ich mit 20 nicht. Ich schaue den jungen Leuten zu, was sie für Blödheiten machen, und denk mir: Das hab’ ich auch alles gemacht – nur noch viel ärger. Das ist ein super Alter! Vorausgesetzt, man ist nicht krank, dement – oder eh schon nicht mehr da. Jeder will lang leben, aber keiner will alt werden. Und es ist wichtig, kritisch zu bleiben, neugierig zu bleiben, sich nichts gefallen zu lassen und sich nicht für irgendeinen Unsinn zu verbiegen. Und ich halte es für wichtig, dass man ein Projekt hat.
Was ist Ihr nächstes Projekt?
Ich arbeite an einem neuen Buch über meine 20 Jahre in Afrika.
Kommentare