Camp-Räumung wird zum Politikum

Asyl-Camp Wien Räumung
Räumte die Polizei den Votivpark im Alleingang? Laut Wiens Polizeipräsident wusste der Magistrat sehr wohl Bescheid.

Die Proteste dauern an. Knapp 40 Asylwerber harren auch zwei Tage nach der Räumung des Sigmund-Freud-Parks in der drei Grad kalten Votivkirche aus. Mindestens 14 von ihnen (die Angaben schwanken) befinden sich nach wie vor im Hungerstreik. „Wir sind auch nach der Räumung nicht entmutigt“, sagt Shahjahan Khan. „Im Gegenteil: Wir wollen nicht aufgeben. Wir wollen mit den Verantwortlichen über unsere Situation reden.“

In der Zwischenzeit beschäftigt viele aber auch eine ganz andere Frage: Wer wusste wann über den Einsatz der Wiener Polizei Bescheid? Zur Erinnerung: Knapp 100 Wega-Beamte räumten in der Nacht auf Freitag das Zeltlager vor der Kirche. 19 Aktivisten wurden angezeigt, zwei Asylwerber vorübergehend festgenommen. Begründet hatte die Polizei den Einsatz mit der Wiener Campier-Verordnung, die das Aufstellen von Zelten außerhalb von Campingplätzen untersagt. Die Polizei sah einen zwingenden Handlungsbedarf.

Die Aufregung war groß. Die rot-grüne Stadtregierung betonte, den Einsatz weder angeordnet noch davon gewusst zu haben. Die Bundessprecherin der Grünen, Eva Glawischnig, ging in einem ORF-Interview noch weiter: „Ich glaube kaum, dass jemand in der Wiener Politik wusste, was tatsächlich in der Nacht geplant ist. Die Verantwortung liegt ganz klar beim Innenministerium.“

Polizeikommandant widerspricht

Ganz so klar dürfte die Sache aber nicht sein. Im ÖVP-geführten Ministerium hält man sich am Samstag bedeckt. Die Räumung selbst will man nicht kommentieren. Auch ob man über die Räumung Bescheid wusste, wollte Sprecher Karlheinz Grundböck nicht bestätigen. Indes ist aber klar: Auch wenn Rot-Grün die Räumung nicht angeordnet und auch verurteilt hat, Bescheid wusste man im Rathaus allemal. Landespolizeikommandant Gerhard Pürstl: „Selbstverständlich hat die Landespolizeidirektion Wien die Vorgangsweise mit der Wiener Stadtverwaltung besprochen und beim Abbau des Lagers im Einvernehmen mit der Stadt gehandelt.“ Den Abtransport der Zelte und des Lagerinventars führte ein Transportunternehmen aus Wien-Donaustadt durch. Diese Firma erledigt auch für die Magistratsabteilung 48 Transporte. Beim Einsatz vor der Kirche waren die Lkw und die Arbeiter ebenfalls im Auftrag der MA 48 eingesetzt.

Der Wiener Caritas-Direktor Michael Landau bittet indes die Staatssekretäre Josef Ostermayer (SPÖ) und Sebastian Kurz (ÖVP) um Vermittlung in der Causa. Sie könnten „zur Versachlichung beitragen“ und damit eine Lösung ermöglichen. Die Regierung dürfe „nicht länger auf Tauchstation bleiben und das Leid von Menschen 1. Reihe fußfrei betrachten“.

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