Brennpunktschulen: Stadt Wien will Konfliktherde löschen

Fast jeder zweite Schüler in Österreich wird gemobbt
Ein neues Programm soll religiösen oder sozialen Spannungen im Klassenzimmer vorbeugen.

Ein rauer Umgangston, Mobbing, Gewalt: Probleme, wie diese, sind aus sogenannten Brennpunktschulen bekannt. Die Stadt Wien will Spannungen nun mit einem neuen Präventionsprogramm bekämpfen.

Sollte es zu Auseinandersetzungen kommen, biete die Stadt Unterstützung, etwa ein Notruftelefon für Lehrer oder Schulkooperationsteams (Sozialarbeiter, die Lehrer unterstützen, Anm.), betonte Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) am Dienstag bei der Präsentation des Vorhabens. Aber: „Wir wollen präventiv wirken. Ziel ist, dass es nicht zu Reibereien kommt.“

Mobbing- und Gewaltprävention an Wiener Schulen

Das Projekt mit dem Titel „Respekt: Gemeinsam Stärker“ soll im Herbst 2019 an fünf bis zehn Neuen Mittelschulen (NMS) und Polytechnischen Schulen starten – vorerst als Pilotversuch. Dafür sind im Budget bereits 1,2 Millionen Euro reserviert. Bewährt sich das Programm, sollen weitere Standorte folgen.

Hebein: "Hinschauen, wo es wehtut"

„Wir wollen genau dort hinschauen, wo es manchmal wehtut: Dorthin, wo es Spannungen, Diskriminierungen und Abwertungen im sozialen oder religiösen Bereich, bei den Geschlechterrollen oder woanders gibt“, erläuterte die designierte Vizebürgermeisterin Birgit Hebein.

Das Programm richtet sich sowohl an Schüler, als auch an Eltern und Lehrer. Konkret sollen die Schüler die Möglichkeit bekommen, um über ihre Probleme, Herausforderungen und Erfahrungen zu sprechen, sagte Integrationsexperte Kenan Güngör, der das Programm entwickelte.

Brennpunktschulen: Stadt Wien will Konfliktherde löschen

Güngör, Ludwig und Hebein präsentierten das Projekt am Dienstag.

In weiterer Folge sollen sich die Jugendlichen mit den Themen kreativ auseinandersetzen – zum Beispiel in Form von Kurzfilmen oder Theaterstücken. Für die Pädagogen wird es Workshops und Supervisionen geben.

Eltern sollen mit Beratungen und Workshops in Themenbereichen wie gewaltfreie Erziehung sensibilisiert werden. Das nötige Personal soll laut Güngör aus Institutionen der Stadt und Vereinen rekrutiert werden.

Neos erfreut, ÖVP enttäuscht

Die Reaktionen der Opposition fielen gemischt aus: Für die Neos ist das Programm ein erster Schritt in die richtige Richtung. Bildungssprecherin Bettina Emmerling mahnte aber gleichzeitg ein "längst überfälliges" Gesamtkonzept für die Herausforderungen an den Wiener Schulen ein.

ÖVP-Sicherheitssprecher Karl Mahrer und Bildungssprecherin Sabine Schwarz rügten das Vorhaben dagegen als „Pseudo-Präventionsprogramm“. Verpflichtende Gewaltprävention analog zur Verkehrserziehung sei das Ziel.

Gerangel um Themen

Auch auf Bundesebene widmete sich die ÖVP am Dienstag der Bildung. Die entsprechende Pressekonferenz war kurzfristig angesetzt worden – eine Vorgehensweise, die die Türkisen nicht zum ersten Mal wählten.

Ob die ÖVP versuche, dem Wiener Bürgermeister das Thema Bildung abzugraben? „Dieser Verdacht könnte uns ereilen“, räumt Ludwig ein. „Die Regierung sucht den Diskurs. Wir werden ihn gerne aufnehmen.“

Kommentare