Somit ist er bis heute ein klandestiner Ort, ein Terrain der Einheimischen aus Floridsdorf, stellen die beiden Autoren Matthias Marschik und Gabriele Dorffner ohne großes Bedauern fest. Auf 120 Seiten haben sie ein historisches, reich bebildertes Porträt des „transdanubischen Wächters“ verfasst.
Es enthält weit mehr Facetten, als man dem unscheinbaren Sandstein-Bergrücken auf den ersten Blick zutrauen würde. Allen voran seine Flora, die sich bereits deutlich von jener des Wienerwalds am gegenüberliegenden Flussufer unterscheidet und vom pannonischen Klima geprägt ist.
Was heute fast schon wieder vergessen ist: Bis zu seiner spektakulären Sprengung im Jahr 2010 befand sich mit dem 265 Meter hohen Mittelwellen-Sendemast das für lange Zeit höchste Bauwerk Österreichs auf dem Bisamberg. Die Anlage war 1933 errichtet worden und mit einer kriegsbedingten Unterbrechung bis 1995 in Betrieb.
Die Geschichte des Bisambergs reicht aber viel weiter zurück. Bereits die Kelten errichteten hier eine Siedlung. In späteren Jahrhunderten wurden auf der strategisch wichtigen Anhöhe immer wieder diverse militärische Anlagen errichtet. Zum Beispiel Befestigungen im Vorfeld des preußisch-österreichischen Krieges von 1866.
Wenig gemein mit solchen Dingen hatte ein skurriler Bewohner des Bergs: Der umstrittene Naturheilkundler und Gründer des Gänsehäufels, Florian Berndl, errichtete nach seiner dortigen Delogierung 1913 auf dem Bisamberg seine „Berndl-Alm“ – ein Natur-Kurzentrum für ärmere Menschen, deren Leiden er mit Sonne, Wasser, Luft und Ziegenmilchbädern lindern wollte. Das Vorhaben schlug fehl, der exzentrische Berndl starb einsam und verbittert im Jahr 1934.
Vielleicht scheiterte er auch deshalb, weil der Wiener doch lieber dem Wein zuspricht. Und davon gibt es auf dem Bisamberg reichlich. Die Heurigen und Weinschenken auf dem Weg hinauf mögen nicht so herausgeputzt sein wie jene im gegenüberliegenden 19. Bezirk, dafür bleibt der durstige Besucher hier von den unschönen Auswüchsen des Massentourismus verschont.
Und viele werden auch heute noch einem Befund zustimmen, der aus einem Wanderbuch aus 1835 stammt: „Unbedenklich kann man behaupten, dass der Bisamberg den schönsten Anblick von Wien gewähre.“
Buchtipp: Gabriele Dorffner und Matthias Marschik, Der Bisamberg, Edition Winkler-Hermaden, 120 Seiten, 19,50 Euro
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